In Gefühlen verwurzelt: Die Verbindungen von Identität, Meinungen und Bewusstsein // Panikattacke

Panikattacke Bewusstsein Gefühle

Am Wochenende hätte ich mich fast wieder einem negativen Gefühl hingegeben und mir somit fast meine eigene, positive Stimmung versaut. Glücklicherweise schaffe ich es inzwischen, gerade noch rechtzeitig loszulassen, was vor 2-3 Jahren absolut noch nicht der Fall gewesen wäre. Ich habe mich so sehr mit meinen Gedanken und mit den Gefühlen identifiziert, dass ich mich bei jeder Kleinigkeit sofort persönlich angegriffen gefühlt habe. Ich unterlag dauerhaft meinem ständig herumkommentierenden Geist, von dem ich eine Art Selbstwahrnehmung ableitete. Das, was mein Geist mir mitteilt, das ist so. Weil: das bin ja ich.

An der Wut anderer erfreuen?

Jedenfalls handelte es sich wieder um eine Kleinigkeit, die mein altes Ich noch in tiefe Sinnkrisen hätte stürzen können. Ich war damals mein egoisches Selbst, ausschließlich an der Oberfläche des Denkens unterwegs. Ich habe re-agiert, statt aus einer tieferen Dimension heraus in Ruhe zu antworten. Sowas passiert mir heute nicht mehr, stattdessen drehe ich den Spieß um und schaue, wie sich mein Gegenüber innerhalb unseres Schlagabtausches verhält. Wie so oft: unware, unbewusst. Und dann freue ich mich, dass ich da bereits ein paar Schritte weiter bin und erheitere mich an der Wut meine(s)(r) KontrahentIn sehr doll, was ja auch schon wieder leicht egoisch ist, aber halt auch etwas lustig.

Es ist für mich immer noch so ein Segen, Wut, Ängste oder einfach nur eine schlechte Laune jederzeit transzendieren zu können. Ich habe mich Zeit meines Lebens tatsächlich mit diesen Gefühlen identifiziert, habe sie über mich, also über die Essenz meines Seins bestimmen lassen. Ich habe auch immer gesagt “ich bin wütend/sauer/böse/hilflos”, statt “ich fühle mich wütend/sauer/böse/hilflos”, was schon einen großen Unterschied ausmacht.

Dynamo Dresden Ultras

Streit wegen unterschiedlicher Meinungen. Wegen unterschiedlichen Standpunkten, Perspektiven, wegen politischer Identifikation. Oder einfach nur, weil man Fan von einem Fußballclub oder Musiker ist, der in Konkurrenz zu einem anderen Fußballclub oder Musiker steht, weshalb man automatisch ein Zugehörigkeitsgefühl entwickelt und den Gegner natürlich doof findet. Und dann schaut euch mal die angetrunkenen Fußball-Fans in den Stadien an, wie sie den Gegner niederschreien, wie sie ihm Hass, sogar den Tod wünschen. Natürlich sind das schlichtbebirnte Kreaturen, leider lässt sich dieses Gebaren aber auch in die Weltpolitik übertragen. Schaut euch die Diktatoren einfach mal an und fragt euch, was denen wohl so wichtig ist. Geistig liegt wirklich nicht besonders viel zwischen einem Dynamo Dresden Ultra und Wlotze Putinski. Beide haben halt ihre Meinung; und die wollen sie wenn es sein muss bis zum Tode durchsetzen.

Denken ist Recycling von Erfahrenem

Ich, ich und immer am ichsten. So laufen die Menschen auf diesem Planeten umher, alles wird sofort konzeptioniert und bewertet, immer auf Basis vom eigenen Denken, was letztlich ja auch nur Recycling von Erfahrenem ist. Ich habe meine Vorlieben, ich habe meine Abneigungen. Und um diese immer noch weiter zu verstärken, gibt es Laber-Podcasts, wo zwei Menschen über Meinungen sprechen. Wo sie quasi vorgeben, wie man zu sein und zu denken hat und wer damit nicht einverstanden ist, ist entweder uncool, dumm oder direkt der Feind. Ich höre seit über 2 Jahren keine Podcasts mehr. Es ist doch wirklich nicht auszuhalten, dass einige Menschen ihre Sicht der Dinge und sich selbst so überragend finden, dass sie es 1x der Woche allen erzählen müssen. Alles bewegt sich hierbei ausschließlich an der Oberfläche, und sollte sich tatsächlich mal ein interessanter Gast in so eine Sendung verirren, dann redet der Host/Moderator trotzdem nur über sich. Als ich da zuletzt noch zuhörte, hoffte ich oft, dass sofort irgendwas Schlimmes passiert. Dass sich ein Flugzeug verirrt und live in der Sendung dem Moderator in den Mund fliegt. Ich liess das dann aber sein, wäre ja sonst auch nicht besser als ein Dynamo Hool.

Saufen, damit kurz Ruhe ist. Oder Panikattacke.

Ist es nicht wahnsinnig traurig, dass Menschen so gerne frei von all dem wären, aber auch nicht bereit sind, einfach loszulassen? Sie leben in einer konzeptionellen Identität, was sie für sich als Realität begreifen. Politik, Glaube, Nationalität. Wünsche, Ängste, Likes & Dislikes. Sie formen Wertungen und stecken andere Menschen sofort in ein mentales Konzept, weil sie ja selbst in genau so Einem gefangen sind. Eine Idee, etwas, was sie sich selbst ausgedacht haben, was es aber gar nicht gibt. Und weil sie damit für sich niemals eine zufriedenstellende Identität erreichen, fangen sie an zu trinken und nehmen Drogen. Um damit ihre eigene, kleine Persönlichkeit (von der sie denken, dass sie es sind) stummzuschalten, wenigstens für ein paar Stunden. Bis zur nächsten Panikattacke. Aber ist ja nicht schlimm, hat man wieder was zu erzählen, im nächsten Podcast.

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