Feierabend (reloaded)
Ramona wurde im April 2000 eingestellt. Sie kam in meine Abteilung und war von nun an meine direkte Ansprechpartnerin, was die Terminvereinbarung und die gesamte Koordination des Innendienstes betraf. Man hätte fast von Assistentin sprechen können, aber das gönnte Jim Küssler mir nicht. Ich war aber überhaupt froh, dass er sich für Ramona entschied und auch wenn das jetzt ein weng sexistisch klingen mag: als ich sie nach dem Vorstellungsgespräch durch die Büroräume schweben sah, wusste ich sofort: Emser, die machst du gerade wie Kieferothopäden. So oder ähnlich sollte es dann auch kommen.
Ich möchte hier nichts verallgemeinern, aber wir Männer sind in gewissen Dingen einigermaßen einfach gestrickt. Wenn die Gesprächpartnerin im optischen Bereich exzellente Argumente liefert, ist man dann schnell freundlicher als Ghandi, hält Türen auf, hilft in Jacken und bläst mehr Zucker als Durchzug in der Konditorei. Ramona wurde mit 4 Jahren von ihrer Mutter in die Ballettschule geschickt und zog das bis zur Volljährigkeit durch. Kräftiges, blondes Haar, ein mediterraner Teint, leichter Silberblick und wenn sie redete, hatte sie immer etwas Sabber im Mundwinkel. Bei weniger attraktiven Menschen ist sowas abstoßend, bei Ramona war es bezaubernd. Oblaten-seitig gab’s auch wenig zu meckern, dennoch wurde mit Pushup nachgeholfen. Im Großarumbüro standen Trennwände zwischen den Tischen. Jedes Mal, wenn Ramona mir Unterlagen überreichte, musste sie sich arg nach vorne beugen, was sowohl frontalperspektivisch als auch im spiegelnden Fenster hinter ihr einer netzlosen Zirkusattraktion gleichkam. Ich hatte niemals etwas mit Blondinen am Hut und selten zuvor empfand ich Begeisterung für Menschen, die nicht einmal ihren Namen ohne Rechtschreibfehler zu Papier brachten – bei Ramona war das anders. Im Job war sie unzuverlässig, selten erreichbar wenn man sie wirklich brauchte und unterm Strich machte sie einem nur nocht mehr Arbeit. Das war aber alles egal, solange sie mir nur weiterhin Unterlagen über die Trennwand reichen würde.
Natürlich hatte Ramona einen Freund. Henning war 15 Jahre älter, hatte ein freistehendes, karg möbliertes Haus mit Beamer im Wohnzimmer, einen Benz in grün-metallic und machte in Okkultismus. Auf den Punkt gebracht verarschte er zwei Mal im Monat Dutzende von global playenden Managern mit Entspannungskursen, die mit mindestens 10.000 DM pro Person zu Buche schlugen. Man konnte ihm keinen Vorwurf machen, es gab halt genug dieser zahlenden Idioten in der dotcom-Ära. Ramona wohnte bei ihm und wunderte sich nur so mittel, dass tagsüber immer seine Ex-Freundin zu Besuch war. Auch war es für sie okay, dass er hin und wieder so bizarre Fetisch-Wünsche äußern würde. Er sei da halt anders, aber mit dieser Art ja auch erfolgreich, das dürfe man ja nicht vergessen. Als wir nach drei Monaten wieder einmal gemeinsam zu Mittag aßen, zerrte ich sie in einem verlassenen Gang an mich und machte Kram. Von diesem Moment an sahen wir uns auch privat.
Sogar regelmäßig. Wie machten gemeinsam früher Feierabend und fuhren zu mir. Einmal wurden wir im Fahrstuhl des Parkhauses erwischt, ein anderes Mal warteten wir, bis alle Kollegen das Büro verlassen hatten. Zur Sicherheit verabschiedete ich mich demonstrativ um 17h, wartete auf ihren Anruf und machte dann wieder Kram, während sie mit Kunden am Telefon sprach. Anschließend machte sie noch irgendwelche Verrenkungen auf dem Schreibtisch, ich saß im Stuhl davor und bei dieser Gelegenheit möchte ich alle hier mitlesenden Ex-Kollegen mal bitten, auf die Headsets zu gucken. Es kann gut sein, dass da ach ist aber auch egal. Sie übernachtete nie bei mir, musste ja täglich zu Henning nachhause, der inzwischen übrigens Bescheid wusste und down mit Allem war, solange sie nur bei ihm bleiben würde. Eine skurrile Situation, aber auch nicht ausschließlich negativ.
___
[Fortsetzung morgen!]
Der Emser ist halt kein Kostverechter. Was ist aus Ramona geworden?
Machst du jetzt in Porn? ;)
Ach, das waren Zeiten. Auch toll wie sie meine damalige Arbeitssituation klären wollte. Sie war schon ein Schmuckstück…
mir fallen gleich zwei Dinger auf, die eigentlich immer Probleme verursachen: Sex mit einem Arbeitskollegen (vor allem mit der Sekretärin) und Sex mit einer vergebenen Frau. Und anscheinend hattest du dich ein bißchen in sie verguckt. Das ist ja dann gleich mal dreifach dusselig. Aber sowas passiert einfach …
Jetzt wird mir auch langsam klar, wie der Begriff .dotcom Blase entstanden ist.
Boah Alter, Sabber in den Mundwinkeln geht garnicht (wirklich GARnicht). Und dazu noch nen Silberblick? Hast nicht vielleicht noch ein Foto von der, oder? ;-)
emser, sowas geht auf gar keinen fall klar.
aber ich hätts auch gemacht. ^^
da kommt noch was hinterher? NOCH besser? ich bin gespannt
wie war das nochma mit dem pencil und der corporate ink? haste schön geschrieben. meine azubine zeigt mittlerweile ähnliche qualitäten wie ramona, nur das die sache mit dem „kram“ eben nicht passieren darf.
Das gab doch bestimmt Ärger zum guten Schluss, Herr Winkel. Gibt’s doch immer, wenn einer den Füller in Firmentinte taucht.
Der angebliche Sexappeal eines Silberblickes bleibt mir bis heute fremd.
Ja, erschreckend christopherlamberteske ..
Ich würd sagen deine Ex-Firma macht jetzt ne Großbestellung Headsets…
och neee, lieber herr winkel, gibt es eigentlich irgendetwas, was sie nicht ausgelassen haben ; )
„.. und machte Kram.“
Ich weiß nicht ganz genau, warum, aber ich seh sofort alles vor mir in dem verlassenen Gang: mit allem Krims.
Großartig!
Geht gar nicht, sowas, Aber was soll man machen, da kommt man ja eh nicht gegen an. Freu mich auf die Fortsetzung ;)
@Phil v. Sassen: Das erfährst Du morgen! :)
@Mike: Auf keinsten! Ist doch Alles übergürtellinig. :)
@Tyce: *lol* hat ja alles super geklappt, nä! AHHAHAHAH, hatte ich fast vergessen!
@MadStan: Um ehrlich zu sein: JA! Ich war jung und naiv, was aber auch irgendwie schön war.
@Pooly: Ferkel! :)
@singhiozzo: Hätte ich. Aber sie hat … ähm, Anwälte. :)
@denzel: *lol* siehste!
@Danimateur: Fjedsten!
@honki: Honki Mensch, ist egal! Geh‘ da bei! Man ist nur einmal jung! :)
@Scholli: Klar. Wie sagte ein großer Philosoph erst neulich: „Wenn man Scheiße macht passiert immer eins: Scheiße.“ :)
@Verena: Och, so’n ganz kleines bißchen schielen – das geht schon klar!
@Phil v. Sassen: Eben! Ein Ex stand mal sooo derbe auf den. Damals konnte ich das natürlich auch null nachvollziehen…
@Sumit: Um ehrlich zu sein: die haben da schon kpl. neues Material. Ich wollte denen nur mal einen kleinen Schrecken einjagen! :)
@die anke: Ja, so gay-Sachen. Oder zählt Knutschen da schon? (ohne Zunge!)
@500beine: Ich rieche das sogar noch. :)
@update: Die kennste glaub ich schon, oder?! Wenn nicht: wird derbe! Und Danke!
Aus den Fehlern anderer lernt sich eh immer schlecht.
Tja beziehungen am Arbeitsplatz machen spaß, gehen aber selten gut aus…
10.000 DM pro Kunde will ich auch verdienen hast du ne Idee für mich :)
P.s da fehlt ein „i“ im ersten absatz
Hi Mc,
schöne Geschichte, wie das wahre Leben sie schrieb. Bei den Namen hast Du Dir ja echt Mühe gegeben.
Wie ich sehe läuft es gut bei Dir
Weiter so
der Olek11
[…] [Fortsetzung hierzu…] […]
@Kaal: Eben! Also: MACHEN! :)
@Loverk89: Das Zeug nennt sich „Zen“! :) Da konnte man Anfang 2000 noch ne Menge Geld mit machen. Weiß aber nicht, inwiefern man da heute noch so naiv ist, sonst einfach mal Lektüre besorgen! :))
@Olek11: Olek11, Alder, schön von Dir zu hören. Jaja, Du weisst ja, manchmal hat man Glück, manchmal aber auch Pech! :) Hier läuft’s soweit, hoffe, bei Dir auch? Lass Dich nicht ärgern, Peace.
[…] ich hasste mich für mein unglaublich naives Verhalten vom Vortag; am meisten hasste ich aber Ramona – eine Affaire innerhalb derselben Kostenstelle, das konnte ja nicht gutgehen. Was passiert […]