Es gibt nur cool und uncool und wie man sich fühlt

Als Don Johnson in der Rolle des Sonny Crockett 1984 in Miami Vice weiße, respektive beigefarbene Sakkos trug, dazu gerne aquamarin- oder roséfarbene T-Shirts und weiße Stoff-Segelschuhe, da war das sehr cool. Er war nicht immer bestens rasiert, lebte mit einer fetten Echse auf einem Boot rauchte filterlose Luckies; Kette. Das mit dem Boot würde ich so nicht hinbekommen, dafür sorgte ein paar Jahre später dann ja die Kelly-Family. Aber so ein Sakko aus der Miami Vice-Kollektion, das besorgte ich mir. Was die Kelly Family und ich hier gemeinsam hatten: wir scheiterten kläglich. Wir waren beide so uncool, dass schon fast an Armseligkeit grenzte. Ich hatte seinerzeit weder Johnsons Körperbau, noch den Bartwuchs, geschweige denn seine Grätschquote. Vadder Kelly hatte auch nicht damit gerechnet, dass Nikotin nur im Film Fingerkuppen und Zähne nicht vergilbt und naja; sich statt fetter Echsen adipöse Kinder an Bord zu halten, macht einen auch nur geringfügig schmoover.

Es gab auch eine Zeit, da fand ich John Taylor von Duran Duran unheimlich cool. Ich lief mit seinem Bild zu meinem Friseur und bat darum, mir die Harre ebenso zu schneiden. Ich verbrauchte die Wochen drauf tonnenweise Haargel und bewegte auf dem Schulhof hin und wieder meinen Kopf so, wie es John Taylor am Bass tat; natürlich nur ohne seinen Erfolg: die Grundschüler lachten mich aus und zu meiner schmalen, jedoch dickbebrillten Visage passte die Frisur einfach nicht. Und statt Bass lernte ich im Musikunterricht gerade Blockflöte, was zusätzlich für die Abwesenheit mich anhimmelnder Unterstufengroupies sorgte.

Kurze Zeit später erklärte ich zuhause, unbedingt Vegetarier werden zu wollen. Madonna & Michael Jackson seien es schließlich auch und das ist cool und überhaupt: Tiere essen – wie pervers ist das? Ich kann Euch gar nicht beschreiben, wie grauenvoll die fleischlosen Folgemonate waren, meine Mutter zog das nämlich durch. Es gab keine McDonalds-Besuche mehr, Wiener Schnitzel mit Pommes ab sofort ohne Wiener Schnitzel, die Spaghetti waren unverhofft bolognesefrei und ich lernte Tofu kennen und hassen.

Als überdurchschnittlich erbärmlich stufe ich heute übrigens auch meinen Versuch ein, Bobby Browns Tanzschritte kopieren zu wollen, von meiner Mr.T-Frisur, den Slash-Gothicringen an jedem Finger und dem Tupac-Kopftuch einmal ganz zu Schweigen; vielleicht ist es Euch aufgefallen: ich bin weiß. Was ich damit eigentlich sagen möchte: es ist bestimmt nicht verkehrt, sich inspirieren zu lassen – schließlich besteht ja das ganze Leben aus Inspiration – aber Kopien sucken big time.
Und sind nicht cool.

Kommentare

34 Antworten zu “Es gibt nur cool und uncool und wie man sich fühlt”

  1. denzel sagt:

    wort drauf!
    gibt’s einen anlass?
    und woher kenne ich die headline, winkelsen?

  2. Westpfalz-Johnny sagt:

    nur an Karneval nicht, da gehen Kopien in Ordnung!

  3. MC Winkel sagt:

    @ denzel: Anlass? Och, ich wollt das nur mal so gesagt haben. Headline: ursprünglich Tocotronic, hat Dende mal gesamplet.
    @ Westpfalz-Johnny: DAS ist auch wieder wahr, werter Herr Westpfanz-Johnny! :)

  4. Chrizzo sagt:

    Nossa, was für eine bewegte Kindheit!
    (Bin immer wieder froh, nur als kleines Kind durch die 80er gestratzt zu sein.)

  5. robert sagt:

    Und es zeigt sich wieder einmal, was ich immer sage: Dise verf*ckten 80er Jahre haben stylemäßig nichts als Unglück gebracht. Ein Jahrzehnt, das über 80% der Musik versynthesizert, dazu die Protagonisten mit den unmöglichsten Frisuren rumlaufen lässt und Klamotten vorgibt, die der Fachverband der Augenärzte als lebensbedrohlich einstufen würde, gehört einfach aus dem Gedächnis getilgt – restlos. Und da gibt es dann tatsächlich Leute, die auf 80er Jahre Parties rennen, als wäre der Shit gerade gestern erst frisch eingetroffen.

    Ich verstehe es nicht.

    … wie kam ich da jetzt drauf? Darum gings doch in dem Text gar nicht…. da siehst Du mal, was Du anrichtest, wenn Du mich hier mitten in der Nacht ohne Vorwarnung mit solchen Bildern konfrontierst.

    Also wirklich MC…

    ;)

  6. Herr Olsne sagt:

    Endlich weiss ich, wo Volker Racho den Sample her hat…

  7. zoee sagt:

    deine mutter ist mir wirklich sehr sympathisch. das gleiche habe ich mit meiner tochter auch gemacht. „tofu“ darf man mittlerweile nicht einmal mehr aussprechen.

    ansonsten sind die 80er genauso gruselig wie die 90er es mal werden. und diese ganzen wiederauferstehungen sind alle total geschönt. kein mensch, der heute stolz retro trägt, sieht so furchtbar aus wie die, die es mitgemacht haben. freiwillig oder unfreiwillig.

  8. chrisse sagt:

    naja, tofu ist doch lecker :) richtig zubereitet natürlich, ist ja sonst so geschmackslos wie hühnchen, und ich wette ein großteil der leute kennen nur die weiße blobartige masse. Es gibt ja zum Glück auch noch andere Arten von Tofu die dann auch nciht weiß sind, sonder eher wie cevapcici aussehen, vorher angeröstet sind usw.
    Das Zeug schmeckt auch – und das sag ich als Fleischliebhaber, habe das alles durch meine Freundin die Vegetarierinist, kennen und auch schätzen gelernt.

  9. Gürtel sagt:

    miami vice. großartig. habe mir gerade erst die dvd box der ersten staffel geholt. der typ war damals echt saucool, wenn mans heute sieht, muss man schon ein bischen über die klamotten lachen…diese puschen sind ne eins. solche slipper müssen wir uns eigentlich als bühnenoutfit holen

  10. Erdge Schoss sagt:

    So haben wir alle Dinge verbrochen, werter Herr Winkelsen,

    deshalb Schwamm drüber über Sacco, Frisur und Brille.

    Aber nicht bei BLOCKFLÖTE!

    Herzlich
    Ihr Erdge Schoss

  11. MC Winkel sagt:

    @ Chrizzo: Hö? Ich doch auch!
    @ robert: Auf 80er-Jahre-Parties gehen nur die, die in den 80ern so viel gesoffen haben, dass sie sich an nix mehr erinnern. Anders kann ich mir das auch nicht erklären!
    @ Herr Olsen: Siehste mal, nä! Quizfrage: Wie heißt der Track vom Dende?
    @ Zoee: Ich finde, die 90er werden nicht so peinlich, wie das erste Jahrzent des neuen Jahrtausends – ich glaube, da werden sich eine Menge Kinder schämen, in 2023.
    @ chrisse: GESCHMACKLOS WIE HÜHNCHEN? Hühnchen, bzw. Geflügelfleisch ist ja wohl der Shit! (Wobei: viel macht auch immer die Sauce aus! :))
    @ Gürtel: Und obenrum viel zu große pee5Teezey Kapuzenumhänge und alle Partnerlook? Nee, Alder, lieber nicht! :)
    @ Erdge Schoss: Na gut. Ich such die mal und bereite einen neues Video vor, ist das mit dem Schwamm dann geritzt?

  12. zoee sagt:

    na gut, bauchfreie brustschläuche und gürtelröcke, tätowierungen am steissbein, jeans mit weisser scheuerung … du hast recht!

  13. r0ssi sagt:

    also ich saß anno 87 mit dem plattencover von falcos „emotional“ beim friseur – besser in unserer küche, da die friseuse hausbesuche machte. und was soll ich sagen? sie kriegte es hin. nur war ich nachwievor nicht falco, fühlte mich aber ein bißchen so…

  14. Erdge Schoss sagt:

    Wahrscheinlich ahnen Sie, werter Herr Winkelsen,

    wie sehr ich mich SCHON JETZT auf diese
    Sternstunde der Flötenkunst freue!

    Herzlich
    Ihr Erdge Schoss

  15. creezy sagt:

    … lernte ich im Musikunterricht gerade Blockflöte …

    Der war gut! Besonders gut war er als ich «John Travolta» von Duran Duran las … *lol*

  16. LorettaLametta sagt:

    Ganz viele Größen haben Blockflötenkarrieren durchlebt. Stefan Raab ja auch.
    Aber so schön wie Waschsalon hat noch selten jemand drüber getrommelt.
    Finde ich.

    (# Ablenkungsmanöver #andere Könner)

  17. Herr Olsen sagt:

    @MC: Das iss leicht: „Der Eine & Der Andere“ auf „Zwei“
    „Es gibt nur mitdenkende Handpuppen, Schnittmengen und Randgruppen…“

  18. Chrizzo sagt:

    Hä? *kopfkratz*
    Wie lange sind denn bei Ihnen Kinder klein?
    Also ich war am Ende der 80er elf.

  19. Scholli sagt:

    Jaja, für Jungs waren die 80er wohl auch nicht so doll, ne. Ich erinnere hier aber mal an pinken Lidschatten und blaue Wimperntusche, kombiniert mit türkisfarbenen Oberteilen, FoKuHiLa in zottelig, gemusterten Leggings und asymmetrisch geschnittenen Jacken mit Schulterpolstern. Dagegen sah vermutlich jede noch so ärmliche Miami Vice-Kopie grandios aus.
    Prädikat traumatisierend gruselig für das komplette Jahrzehnt.
    Und jetzt mal ehrlich: Haben Sie tatsächlich so ein Tüchlein im Witwe Bolte-Style auf dem Kopf gehabt? Schockierend.

  20. Thomas sagt:

    aber Kopien sucken big time.
    Und sind nicht cool.

    mehr als big time. ;o)

  21. Dr.Sno* sagt:

    Dinge nachzuahmen, die bei anderen zum Erfolg geführt haben, scheint mir eher ein cleveres darwinistisches Prinzip zu sein, ohne dass wir vermutlich noch auf den Bäumen sitzen würden…

    …das allerdings dann vermutlich total cool.

  22. GIZA sagt:

    Must haves der 80er:
    – Cons 100
    – die Agassi Jeans-Tennis-Shorts mit eingenähter Radlerhose
    – Chiemsee-Pulli mit Springer auf dem Rücken
    – Dieseljeans
    – LA Raiders oder Chicago Bulls krams.
    – Alles, was Neogelb oder Neopink ist… (Von Regenjacke bis Schnürsenkel.)

    Manmanman…

  23. tokiel sagt:

    naja, doctor sno, kann ich nur halbwegs zustimmen: wissenschafltich ist das bestimmt richtig, aber einen style kopiert man nicht. sonst würden wir nämlich alle tanzen wie elvis, singen wie die beatles und schauspielen wie james dean – die waren ja erfolgreich. einen style aufwerten, innovativ sein und etwas neues kreieren, da spricht nichts gegen. aber einfache nachahmung, so wie du das siehst: nope!

  24. Herr Schmidt sagt:

    MC, ich bin überrascht: Du hörst Tocotronic? Nee, oder? Du kennst das wahrscheinlich nur wegen des Samples, richtig?

  25. Robby sagt:

    Word. Zumal Originale ja auch schlechte Seiten haben, wer die mitkopiert… Da lässt man sich lieber von den Guten inspirieren und bastelt sich selbst aus vielen anderen und sich selbst zusammen. Was dann auch irgendwas Schlechtes mit sich bringt, aber nur nett wäre ja auch langweilig :D

  26. schnutenmaul sagt:

    Oh man Mr T-Frisur ist hart….man kann ja einiges kopieren, aber dat?! Ich glaube die 80er sind das Jahrzehnt mit den meisten stylemäßigen Entgleisungen…. alte Fotos sollte man dem Feuer weihen oder neue bekanntschaften vergraulen

  27. Dr.Sno* sagt:

    @tokiel, scheint mir irgendwie nicht zum gängigen Sozialverhalten (jeden Alters!!) zu passen. Ausserdem: Haben damals doch tatsächlich alle versucht so zu tanzen wie Elvis, so nen Haarschnitt zu haben wie die Beatles und so rüber zu kommen wie James Dean…

    Entwicklung findet doch immer dann statt, wenn etwas nachgeahmt wird und jeder versucht es noch besser zu machen. Ich stell mir nur vor, was aus dem Skateboarden geworden wäre, wenn niemand versucht hätte einen Ollie nachzumachen. Insofern ist das Nachmachen manchmal doch offenbar gar nicht so uncool?

  28. >>Zitat sagt:

    Ich hatte seinerzeit weder Johnsons Körperbau, noch den Bartwuchs, geschweige denn seine Grätschquote.

    Dürfen wir aus dem seinerzeit messerscharf schließen, daß dem heute durchaus so ist ?

    Verzeihung! Das müssen die Karnevalspollen sein, die mich da kitzeln.

  29. Meriche sagt:

    Emerson fasst diesen Beitrag folgendermaßen zusammen: Imitation is suicide!

  30. refu sagt:

    Ohje, die 80er waren wirklich eine ziemlich spezielle Dekade. Und eine Blockflötenphase hatte ich auch, ebenso wie die des Tendenzvegetariers. Schlimme Erinnerungen.

  31. die_schottin sagt:

    Ich könnte mir vorstellen warum Du diesen Blogeintrag verfasst hast. Kann mich natürlich auch total täuschen. Und nun zum Abschluss meines karnevalistischen Treibens (die letzten Gäste haben soeben sturzbetrunken unsere Party verlassen und ich arme bin nüchtern weil ich morgen ins Büro muss) ein 3-faches Alaaf.

  32. […] Heute vor zehn Jahren hat sich Falco zugekokst bis in die Haarspitzen aus dem Leben verabschiedet. Nun fand ich ihn zu dieser Zeit ja schon länger nicht mehr besonders bemerkenswert. Er hatte sich in unsäglichem Eurotrash (”Mutter, der Mann mit dem Koks ist da”) verheddert. Sein “Out of the dark”, das wieder an alte Stärken anknüpfte, wurde erst posthum ein Erfolg. Meine Phase absoluten Starkults um Herrn Hölzel war auch weitaus früher ausgeprägt – nämlich so um die Jahre 1984-1987. In meiner damaligen Klasse gab es nicht einen einzigen Mitschüler, der nicht “Rock me Amadeus” als Lieblingslied hatte (ich kann das mit Einträgen in eines dieser Klassenkameradensteckbriefbüchlein beweisen). Nicht nur beneidete ich Steppke das Vorbild Falco um seine unglaubliche Coolness und Arroganz. Er war einfach auch optisch das Nonplusultra. Wo MC Winkel Don Johnson nachreiferte, wollte ich zumindest die Frisur von Falco haben, die ich auch bekam. Im Nachhinein kann man das natürlich als Kindereien abtun, die es ja auch waren. Aber in der Retrospektive kann man Hölzels Einfluss kaum zu gering schätzen – und seine Entertainerqualitäten angesichts dumpfbackiger Castingklone nur schmerzlich vermissen. So trinke ich heute Abend ein Bier auf Falco – wie äussertst passend – beim Spiel Deutschland gegen Österreich. Zeavas, oida habara! (Youtube Direktfalco) […]

  33. Kasimier Buchcik sagt:

    Hihi…

    Zu Miami Vice in den 80’ern im Zusammenhang mit Kiel: Keine Ahnung,
    ob ich mit dem Winkel, oder sonst jemandem (vielleicht war’s auch Frank)
    einmal in der Kneipe gleich neben unserer Schule mit weißer Jogging-Hose
    und weißem Sakko auftauchte; jedenfalls stellte ich fest: Vice-Typen waren
    gern gesehen in 2D, jedoch nicht so gern in 3D. Vielleicht sah der Baby-Sonny
    einfach nur albern aus.
    Musikalisch: Jan Hammer war für mich die früheste Verbindung zu Jazz und Fusion.
    In der Bücherei unserer Schule gab’s nämlich Musik-Kassetten (viereckig,
    mit braunem Band und 2x Drehgelöt). Da war der Janni auch dabei, und das
    war 100% kein 80’er mainstream. Auch Pat Metheny, John McLaughlin und
    zum Glück auch die Jungs von Thin Lizzy (Live And Dangerous) flogen
    aus dieser Bücherei direkt in mein verwarztes Tape-Deck. Ah, und auch
    Van Halen; das Tape-Deck bekam irgendwann ein Poti eigebaut; damit
    ließen sich die Bänder langsamer ablaufen lassen, um Eduard’s Soli
    besser herauszuhören. Ich habe immer noch meine alte Kassette von
    Van Halen’s „1984“, auf der, während des Solo von „Jump“, mächtiges
    Knackgewitter tobt; das Tape-Deck hat immer jeweils 1 Knacken ins
    Band gebrannt, wenn ich zurückgespulte.

    [rOssi & robert]: Waren schon eigenartig die 80’er. Ich glaube Friedrich Paravicini
    war der erste Mensch, der mich darauf aufmerksam machte, daß an den 80’ern
    irgend etwas nicht stimmte .
    Ich war jedenfalls froh, als ich Ende der 80’er oder Anfang der 90’er die 70’er
    entdeckte. Muß nicht gleich jeder Zappa oder Joni Mitchel hören – obwohl,
    freuen würd’s mich. Wären wir uns damals füherer Zeiten bewußt, so hätten wir
    vielleicht etwas besser differenzieren können. Jedenfalls hätte ich Falco nicht
    für „It’s all over now, baby blue“ angehimmelt, wenn ich gewußt hätte, daß das
    nur ein Cover war. Sogar der Winkel :-), hatte mehr Verstand zu der Zeit, und
    hat abgewunken – oder abgewinkelt, als ich ihm einreden wollte, daß wir uns
    doch alle Platten von Falco holen sollten; da gab es auch so etwas wie „Junge
    Römer“. Nach „Emotional“ war auch bei mir Schluß mit lustig.

  34. […] reminds of what I read over at Winkelsen’s: Kopien sucken big […]

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