Muttschki und die Totfock Three – für mehr Improvisation und gegen Inszeniertes

Gerade erst wieder erlebt und festgestellt, dass sich überhaupt nichts verändert hat: ich hab’ ernsthafte Probleme damit, Dinge auswendig zu lernen und mich an vorgegebene Skripte oder sowas zu halten. Je intensiver irgendein spezielles Programm vorbereitet ist, je weniger man dem Zufall überlassen möchte, je durchstrukturierter die Abläufe sind, umso schlechter funktioniere ich. Dafür gibt es auch ein paar Gründe und die möchte ich heute mal mit Euch teilen.

Als Allererstes: ich bin großer Improvisations-Junkie. Ich selbst finde die meisten Dinge stinkend langweilig, die inszeniert sind oder wenigstens so wirken. Interviews, bei denen man merkt, das sowohl die Fragen als auch die Antworten einstudiert wurden – fürchterlich, kann ich mir nicht angucken. Gleiches gilt für Gags. Jeder Witz erlischt bei mir sofort mit dem Lachen, sobald ein Witz erzählt ist, ist er für mich durch, dann kann ich auch kein zweites Mal darüber lachen, egal, wie gut der jetzt war und ich habe großes Mitleid mit den Menschen, die das können. Natürlich kann ich nicht erwarten, dass die ganze Welt weiß, welche Gags ich kenne und welche vielleicht nicht, daher vielleicht ganz einfach mal folgende Idee: gar nicht erst einen irgendwann einmal gehörten Witz erzählen und um Himmels Willen nicht krampfhaft versuchen, lustig zu sein. Das hat nämlich noch nie geklappt, fragt mal Pocher. Ihr könnt Euch keine Witze merken? Seid froh.

Dinge müssen fresh sein. Improvisiert und fresh. Einfach mal aus dem Bauch, an sich sollte das doch nicht so schwer sein?! Wobei – ich weiß es ja, einigen Menschen fällt es schwer, spontan zu sein. Ich meiner früheren Funktion als Geschäftskundenberater im Außendienst habe ich das fast täglich erlebt. Die Kunden sollten sich ein Passwort überlegen, irgendein leicht zu merkendes Wort, maximal 10 Buchstaben. Geschätzte 80% der Menschen hatten damit ein riesiges Problem, sie hatten überhaupt keine Idee, was man da nehmen könnte, einige erröteten sogar ob meiner Frage, andere guckten mich an, als ob ich nach einem Abstrich des morgendlichen Mittelstrahls gefragt hätte, oder nach dem der soeben erst konfirmierten Tochter. Ich musste dann immer aushelfen, “Nehmen sie doch den Namen ihres Haustieres!”, “Hab ich keins.”, “Dann den ihrer Frau.”, “… ja, genau, wir nehmen Muttschki. Ich nenne sie Muttschki.”. Keine Ahnung wie ich das über 10 Jahre aushalten konnte.

Oder Business-Meetings, bei dem der Name für ein neues Projekt gefunden werden sollte. Hier in Kiel muss immer alles maritim sein, irgendwas mit Heimat zu tun haben, egal, um was es geht. Da konnten meine Vorschläge noch so geil sein, am Ende kamen immer Worte wie Hanse, Baltic, Ostsee oder halt Kiel selbst im Namen vor. Ich hab’ auch mal miterlebt, wie eine Band sich überhaupt nicht für einen Bandnamen entscheiden konnte. Gerade sowas ist doch die Einfachste aller Übungen, hier mal 10 Vorschläge, ich ich mir in diesem Moment überlege und dafür nicht länger als 60 Sekunden brauchen werde:

– Slighty Mighthaves
– Boomroom Fog
– Slimdunk Sensation
– Mawfuq Murderer TripleGee
– Slice of Diarrhea
– Diarrhea Splash
– Sugar on your Incisor
– Stickpresent on Halloween
– Totfock Three
– Matchmans Desire
– Awakening Hitlers

Bäm, echt jetzt, keine 60 Sekunden. Sind elf, aber die Diarrhea-Nummer war ja auch doppelt. Also ich find’ ein paar davon die alle echt gut, bedient Euch. Es gibt für mich nichts Großartigeres als die perfekte Improvisation, auch beim Tanz. Ich glaube nicht, dass Marquese seine komplette Performance einstudiert. Der kennt den Song, der kann sich bewegen, also legt er los:

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=LXO-jKksQkM[/youtube]

… gilt auch Gitarristen, ahnt mal den Chabo hier, was ist DAS DENN BIDDESEHR FÜR EIN SOLO!?!?

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=MSJofCNrlIk[/youtube]

… und natürlich für Rapper, Logic ist der Typ, der mich Freestyle-seitig gerade am heftigsten beeindruckt:

Einstudierte Paartänze? Nach Noten spielen? Die Hölle für mich. Hab ich überhaupt kein Verständnis, wie man sich bei sowas amüsieren kann/soll!? Was ich aber eigentlich sagen will: bitte nur ein ganz kleines bißchen mehr Freshness, keine Standard-Gags mehr droppen und lernt nicht so viel auswendig, sondern macht mal Euer eigenes Ding, mal wieder mit mehr Gefühl. Bitte nicht so viel Wert darauf legen, was andere über Euch denken, ob andere Euren Style diggen oder haten (ich werde für meine super miesen Anglizismen doch auch täglich ausgelacht, meint Ihr, ich geb’ nen Flugf*ck?), am Ende müsst Ihr nur Euch selbst gefallen. Und den Awakening Hitlers vielleicht noch, aber die sind da nicht so.

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