Mick Jenkins & EMIL – A Murder of Crows (Album Review)
Mick Jenkins gehört seit Jahren zu den Künstlern, die Hip-Hop mit Tiefgang und literarischem Anspruch verbinden. Mit dem Londoner Produzenten EMIL hat er nun ein Album geschaffen, das gleichermaßen introspektiv, gesellschaftskritisch und atmosphärisch dicht ist. A Murder of Crows von Mick Jenkins ist ein Werk ohne überflüssige Spielereien, dafür mit konzentrierter Botschaft und einem eleganten, fast filmischen Sound.
Schon beim ersten Hören wird klar: Hier geht es nicht um schnelle Hits, sondern um eine Reise durch Reflexion, Selbstkritik und Beobachtungen unserer Gegenwart. Jenkins’ lyrische Präzision trifft auf EMILs subtile, UK-geprägte Produktion – eine Symbiose, die angenehm unaufgeregt wirkt, aber dennoch tief einschlägt.
Mick Jenkins x A Murder Of Crows – Ein leiser, aber bestimmter Auftakt
Das Album eröffnet mit „Dream Catchers“, einem ruhigen, jazzy Track, in dem Jenkins persönliche Fehler anspricht und zugleich Konsumkritik übt. EMILs warme Keys und reduzierte Drums lassen den Text atmen und ziehen den Hörer sofort in diese nachdenkliche Stimmung. Direkt darauf folgt „Words I Should’ve Said“ mit ENNY, das wie ein intimer Dialog über verpasste Chancen wirkt. Beide Rapper zeigen Verletzlichkeit ohne Pathos – getragen von melancholischen Streichern und klarem Piano.
Zwischen Selbstkritik und Gesellschaftsspiegel
Nach dem kurzen Interlude „Eating Crow“ wird Jenkins deutlicher. „Workers’ Comp“ attackiert Anspruchsdenken und Oberflächlichkeit, während „Pundits (YAPPERS)“ den ewigen Kommentatoren der Szene gewidmet ist. Ohne laute Wut, aber mit scharfer Zunge zieht Mick Jenkins klare Linien: reden können viele, wirklich etwas leisten nur wenige. EMIL unterlegt diese Punchlines mit jazzigen Samples, die nie vordergründig sind, sondern subtil Spannung erzeugen.
Mit „DeadStock“ landet einer der stärksten Momente des Albums: die Kritik am Online-Leben als Ersatz für echte Erfahrungen. Jenkins’ Metaphern greifen tief, während EMIL mit lo-fi Drums und weichen Keys eine späte Nacht-Stimmung erzeugt. Es ist diese Balance aus Beobachtung, Wortwitz und unterschwelliger Schwere, die A Murder of Crows prägt.
Wortakrobatik und filmische Bilder
Tracks wie „on VHS“ zeigen Jenkins als Sprachjongleur. Filmische Metaphern, Koch-Referenzen und popkulturelle Anspielungen verbinden sich zu mehrschichtigen Bildern. EMIL liefert dazu staubige Percussion und subtile Effekte, die tatsächlich an die analoge VHS-Ästhetik erinnern. Auch „Move“ überzeugt: Ein ruhiger Aufruf zum Fortschreiten, getragen von Soul-Anklängen und sanften Vocals. Jenkins wiederholt seine Mantras, fast schon meditationsartig, ohne den Fluss zu verlieren.
Von subtiler Selbstsicherheit bis zum lyrischen Feuerwerk
„Shining“ glänzt als entspanntes Selbstwert-Bekenntnis, in dem Jenkins Gelassenheit und Selbstvertrauen in poetische Bilder gießt. EMIL hält das Setting minimalistisch und lässt Raum für Jenkins’ ruhige Strahlkraft. Einen Kontrast dazu bildet „Coco Gauff“: Hier feuert der Rapper ein technisches Feuerwerk ab, voller Referenzen und dichter Wortspiele. EMIL liefert dazu die druckvollste Produktion des Albums, die Jenkins zu Höchstform treibt.
Das Finale „Bigger Than Ever“ mit Kaylan Arnold bringt alles zusammen: reflektierte Rückblicke, kreative Metaphern und eine positive Botschaft des Wachstums. Arnolds Hook wirkt wie ein soulvolles Mantra, während Jenkins’ Zeilen zwischen Demut und Stolz oszillieren. Es ist ein Abschluss, der das Album sanft und dennoch kraftvoll abrundet.
Fazit: Ein Album zum Hinhören
A Murder of Crows ist kein leichtes Fast-Food-Projekt, sondern ein konzentriertes, durchdachtes Werk. Jenkins zwingt sein Publikum hinzuhören, EMIL liefert die passende Klangkulisse – moody, jazzig, unaufdringlich. Manche werden sagen, dass die elf Tracks zu homogen wirken. Doch wer sich darauf einlässt, entdeckt Schichten, Wortspiele und Nuancen, die erst beim wiederholten Hören aufblühen.
Mick Jenkins (Insta) beweist erneut, dass er zu den bedeutendsten Lyrikern seiner Generation gehört. Mit EMIL an seiner Seite ist ein Album entstanden, das gleichzeitig zurückhaltend und groß wirkt – wie ein Schwarm Krähen, der leise über den Horizont zieht und dennoch Eindruck hinterlässt.