Dr. Judith Joseph über High-Functioning Depression: Warum zu viel Arbeit Anhedonie fördert

Judith Joseph Anhedonie

In seinem neuesten Video spricht Rich Roll mit Dr. Judith Joseph, einer renommierten Psychiaterin und Professorin an der NYU Medical School, über ein oft übersehenes Phänomen: High-Functioning Depression (HFD) und Anhedonie. Dieses Thema betrifft besonders High-Achiever, die scheinbar erfolgreich sind, aber innerlich mit einem Mangel an Freude kämpfen. Dr. Joseph, weltweit führende Expertin für HFD, erklärt, wie Leistungsdruck und unbewältigte Traumata die Lebensfreude rauben können und bietet mit ihrem „5 V’s“-Framework praktische Lösungen, um Freude zurückzugewinnen, ohne Ambitionen aufzugeben.

High-Functioning Depression: Ein Widerspruch?

HFD klingt widersprüchlich: Wie kann jemand, der beruflich erfolgreich ist, an Depressionen leiden? Dr. Joseph erklärt, dass HFD nicht die klassische Depression ist, bei der Betroffene nicht funktionieren können. Stattdessen sind Menschen mit HFD oft extrem produktiv, können aber keine Freude empfinden – ein Zustand, der als Anhedonie bekannt ist. „Wir versuchen, unsere Probleme zu überrennen“, sagt sie. Diese Menschen füllen ihre Tage mit Arbeit, um innere Leere oder Schmerz zu vermeiden. Rich Roll teilt persönlich mit, wie sein Drang, produktiv zu sein, ihn nachts wach hält und seine Freude mindert – ein klassisches Symptom von HFD.

Dr. Judith Joseph über Anhedonie: Der stille Dieb der Lebensfreude

Anhedonie, der Verlust der Fähigkeit, Freude zu empfinden, ist das Kernsymptom von HFD. Dr. Joseph beschreibt, wie Betroffene alltägliche Freuden wie ein gutes Essen oder Zeit mit dem Haustier nicht mehr genießen können, weil ihr Geist ständig beschäftigt ist. „Wenn wir stillsitzen, fühlen wir uns leer“, erklärt sie. Dies führt zu einem Teufelskreis: Um diese Leere zu vermeiden, arbeiten sie noch mehr, was die Anhedonie verstärkt. Dr. Joseph betont, dass Anhedonie eine Krise ist, da Freude ein menschliches Grundrecht ist, das viele High-Achiever verlieren.

Die Rolle von Trauma und Masochismus

Trauma spielt eine zentrale Rolle bei HFD. Dr. Joseph unterscheidet zwischen großen Traumata (z. B. lebensbedrohliche Ereignisse) und kleinen, oft übersehenen Traumata wie Scheidung oder finanzielle Unsicherheit. Diese Erfahrungen können Scham und Schuldgefühle auslösen, die Betroffene durch übermäßige Arbeit kompensieren. Ein weiterer Aspekt ist der „masochistische Narzissmus“, ein Begriff, den Dr. Joseph verwendet, um das Verhalten zu beschreiben, bei dem Menschen sich selbst überanstrengen, weil sie glauben, nur durch Leistung liebenswert zu sein. Dies führt zu einem selbstzerstörerischen Kreislauf, der die Freude blockiert.

Die „5 V’s“: Ein Weg zurück zur Freude

Dr. Josephs „5 V’s“-Framework bietet praktische Schritte, um die Freude zurückzugewinnen:

  1. Validation (Selbstvalidierung): Erkenne deine Gefühle an. Indem man Emotionen benennt, reduziert man Unsicherheit und Angst, was den Weg für Freude ebnet.
  2. Venting (Gesundes Ablassen): Sprich gezielt über Probleme, aber vermeide „Trauma-Dumping“. Suche nach Lösungen, statt nur Emotionen abzuladen.
  3. Values (Werte): Reflektiere, was dir wirklich wichtig ist. Dr. Joseph erzählt, wie sie durch die Rückbesinnung auf ihre Liebe zum Lesen wieder Freude fand.
  4. Vitals (Lebensstil): Achte auf Schlaf, Bewegung und Ernährung. Reduziere Bildschirmzeit, da übermäßiger Handy-Konsum Anhedonie fördert.
  5. Vision (Planung von Freude): Plane bewusst Momente der Freude, wie ein ruhiges Essen oder Zeit in der Natur, um Hoffnung und Positivität zu fördern.

Diese Schritte sind keine radikale Umstellung, sondern kleine, machbare Veränderungen, die langfristig große Wirkung haben.

Judith Joseph x Anhedonie – Kulturelle und soziale Einflüsse

Dr. Joseph hebt hervor, wie moderne Technologien wie Smartphones und Zoom-Meetings HFD verstärken. Studien zeigen, dass reduzierte Bildschirmzeit die Freude steigert, da sie Raum für echte Verbindungen schafft. Besonders Frauen und Frauen mit Migrationshintergrund sind gefährdet, da sie oft zusätzlichen gesellschaftlichen Druck erleben, ständig produktiv zu sein. Dr. Joseph betont, dass Freude nicht von Reichtum abhängt: Selbst in ärmeren Ländern finden Menschen Momente der Freude durch Verbindung und Achtsamkeit.

Fazit: Freude ist erreichbar

Das Gespräch zwischen Rich Roll und Dr. Judith Joseph zeigt, dass High-Functioning Depression eine weit verbreitete, aber oft unerkannte Herausforderung ist. Mit ihrem „5 V’s“-Framework bietet Dr. Joseph einen klaren Weg, um Freude zurückzugewinnen, ohne den Ehrgeiz zu opfern. Es beginnt mit kleinen Schritten wie Selbstvalidierung und der bewussten Planung von Freude. Ihre Botschaft ist klar: Jeder hat das Recht auf Freude – man muss nur lernen, sie wieder zuzulassen.

Die versteckte Freude-Krise entschlüsselt: Dr. Judith Joseph über High-Functioning Depression

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