Robert Glasper verbindet Jazz und Hip-Hop auf „Code Derivation“
Robert Glasper hat es erneut getan. Der fünffache Grammy-Gewinner veröffentlicht mit Code Derivation sein zweites Album des Jahres 2025. Schon der Titel deutet an, worum es geht: Ableitung, Herkunft, Verbindung. Robert Glasper führt vor, dass Jazz und Hip-Hop mehr als nur Nachbarn sind – sie teilen dasselbe Fundament. „Jazz steckt in den Knochen des Hip-Hop“, erklärt er. Deshalb ließ er jedes Stück gleich doppelt entstehen: einmal als Live-Version mit seiner Band, einmal als „Flip“, bearbeitet von ausgewählten Produzenten.
Robert Glasper x Code Derivation – Die Band und ihre Energie
Für die Live-Seite holte Glasper eine Gruppe von langjährigen Weggefährten zusammen. Mit dabei sind Saxofonist Walter Smith III, Gitarrist Mike Moreno, Drummer Kendrick Scott, Bassist Vicente Archer und Trompeter Keyon Harrold. Auch Marcus Strickland gibt ein prägnantes Gastspiel. Diese Formation bringt nicht nur technische Präzision, sondern auch die spontane Energie, die Glasper so liebt. Jedes Stück wirkt wie eine Einladung zum Dialog, bei dem Jazz nicht museal, sondern hochaktuell klingt.
Produzenten als Architekten der zweiten Ebene
Doch Code Derivation lebt ebenso von seiner zweiten Schicht: den Produzenten, die Glaspers Kompositionen auseinandernehmen und neu zusammensetzen. Hier kommen Hi-Tek, Black Milk, Taylor McFerrin und Kareem Riggins ins Spiel – allesamt Veteranen, die wissen, wie man Jazz zu Hip-Hop formt, ohne ihn seiner Tiefe zu berauben. Besonders charmant ist der Beitrag von Glaspers Sohn Riley, der seinem Vater eine persönliche Note schenkt und zeigt, dass musikalisches Erbe auch familiär weitergetragen wird.
Junge Stimmen im Fokus
Neben den Beats rücken die MCs in den Vordergrund. Glasper entschied sich bewusst für junge, hungrige Stimmen wie Jamari aus Texas, MMYYKK aus Minneapolis und Oswin Benjamin aus Brooklyn. Für ihn sind sie das Herzstück des Projekts, die „pièce de résistance“. Ihre Texte ergänzen die instrumentale Basis und verleihen dem Album eine Dringlichkeit, die an die besten Momente von Black Radio erinnert, aber eigenständig bleibt.
Robert Glasper x Code Derivation – Der Kreis schließt sich
Code Derivation ist mehr als nur ein Studioalbum. Es ist ein Statement, ein Manifest über die Verwandtschaft zweier Genres, die seit jeher ineinandergreifen. Glasper demonstriert, dass Jazz nicht bloß der Vorläufer, sondern der pulsierende Kern des Hip-Hop ist. Diese Haltung vermittelte er auch im Gespräch mit Zane Lowe bei Apple Music (Video siehe unten), wo es um Sampling, Fanbindung und die Freude am gemeinsamen Prozess ging.
Live-Erfahrungen als Erweiterung
Parallel zur Albumveröffentlichung zeigt Glasper, wie stark sein Projekt auch live funktioniert. Als Artist in Residence beim Black Radio Experience in Napa Valley tritt er an der Seite von John Legend, Jill Scott, Andre 3000 und vielen weiteren Größen auf. Das Event ist ein Fest schwarzer Kultur, ein mehrtägiger Austausch, der die Philosophie von Code Derivation auf die Bühne hebt.
Tradition mit Zukunft
Im Herbst folgt dann das legendäre Robtober im Blue Note in New York. Fünf Wochen lang, mit zwei Sets pro Abend, versammelt Glasper dort Künstler und Fans aus aller Welt. Was einst als lockere Residency begann, ist längst eine Institution, die die Essenz seiner Arbeit widerspiegelt: Grenzen einreißen, Genres verbinden, Menschen zusammenführen.
Fazit
Mit Code Derivation gelingt Robert Glasper (Insta) in Balanceakt zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Familientradition und Innovation. Das Album ist kein Kompromiss, sondern ein Brückenschlag. Es beweist, dass Jazz und Hip-Hop sich nicht nur berühren, sondern aus derselben Quelle schöpfen. Wer verstehen will, warum Glasper zu den wichtigsten Musikern unserer Zeit zählt, findet hier die Antwort.