Neue Grenzen, altes Chaos? Wie der Iran zerfallen könnte – und was das für die Welt bedeutet

Wie der Iran zerfallen könnte

Der Nahe Osten erlebt gerade eine seiner schwersten Krisen. Aus dem lang schwelenden Schattenkrieg zwischen Israel und Iran ist ein offener Konflikt geworden. Mit dem Eingreifen der USA spitzt sich die Lage weiter zu. Während die Welt gebannt auf Raketenangriffe, Truppenbewegungen und Trumps Rhetorik schaut, brodelt es im Inneren des Iran. Denn das Regime wankt. Und was dabei droht, ist nicht nur ein Umbruch – sondern der Zerfall eines ganzen Staates. Wie der Iran zerfallen könnte – und was das für die Welt bedeutet.

Der alte Thronerbe – und neue Unabhängigkeitsbewegungen

Mitten im Chaos tritt ein altbekannter Name auf den Plan: Reza Pahlavi, Sohn des letzten Schahs. Im Exil spricht er von Demokratie, Freiheit und einem neuen Iran. Doch viele Minderheiten im Land träumen nicht von einem zentralisierten Iran unter neuer Führung. Sie wollen eigene Staaten. Und jetzt könnten sie zum ersten Mal seit Jahrzehnten eine realistische Chance dazu haben.

Wie der Iran zerfallen könnte – Ein Vielvölkerstaat ohne gemeinsame Basis

Der Iran ist kein homogenes Land. Nur etwa 50?% der Bevölkerung sind Perser, die das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum kontrollieren. Die restlichen 50?% verteilen sich auf ethnische Gruppen, deren Loyalität zur Hauptstadt Teheran oft brüchig ist. Einige dieser Gruppen kämpfen schon seit Jahrzehnten für ihre Unabhängigkeit – und rücken nun wieder in den Fokus.

Aserbaidschaner: Nationalstolz und Pan-Turkismus

Mit bis zu 20 Millionen Menschen sind die Aserbaidschaner die größte Minderheit im Iran – und mehr als doppelt so viele wie im benachbarten Aserbaidschan. Die junge Generation ist zunehmend nationalistisch, beeinflusst durch Ankara und Baku. In sozialen Medien kursieren Karten eines „Groß-Aserbaidschans“, das Nordiran einschließt. Die Türkei und Israel unterstützen diese Vision indirekt – geopolitische Spannungen inklusive.

Kurden: Ein Volk ohne Staat

Die iranischen Kurden sind politisch und kulturell gut organisiert. Der Traum vom eigenen Kurdistan lebt seit Jahrzehnten, 1946 sogar kurzzeitig in Form einer eigenen Republik. Heute gibt es erneut Bewegung. Kurdische Gruppen werden teils durch Israel und die USA unterstützt. Ein möglicher Staatszerfall würde ihren Unabhängigkeitsbestrebungen Auftrieb geben – mit Risiken für Nachbarstaaten wie die Türkei.

Belutschen: Dreigeteilt und gefährlich unterschätzt

Im Südosten leben rund zwei Millionen Belutschen. Sie gehören der sunnitischen Minderheit an und gelten im schiitischen Iran als besonders verdächtig. Ihre Region ist arm, instabil und grenzt an Pakistan und Afghanistan. Separatistische Gruppen kämpfen seit Jahren gegen Teheran – ein möglicher Umbruch könnte sie noch radikaler machen. Auch Pakistan fürchtet wachsende Unruhe in der Grenzregion.

Araber im Ölherzland

Im Südwesten, im ölreichen Khuzestan, leben die Achawisi-Araber. Sie machen nur wenige Prozent der Bevölkerung aus, leben jedoch dort, wo es für Teheran besonders schmerzhaft ist. Immer wieder gibt es Proteste, teilweise gewalttätige Angriffe. Saudi-Arabien unterstützt diese Gruppen, um den Iran zu schwächen. Im Fall eines Bürgerkriegs könnte diese Region zum wirtschaftlichen Kollaps führen.

Auch kleinere Gruppen wie die Luren im Westen und die Turkmenen im Nordosten könnten bei einem Zerfall zu regionalen Akteuren werden. Sie haben zwar bislang keine aktiven Unabhängigkeitsbewegungen, könnten aber im Chaos eines Machtvakuums ihre Autonomie einfordern.

Zwischen Sowjetunion und Jugoslawien

Die Frage ist: Wird der Iran nach einem Sturz des Regimes in neue Gewalt versinken – oder gibt es einen geordneten Übergang wie in Osteuropa nach dem Kalten Krieg? Viele Experten sehen ein hohes Eskalationspotenzial. Denn religiöse und ethnische Spannungen sind tief. Und die Nachbarstaaten – Türkei, Aserbaidschan, Saudi-Arabien und Pakistan – sind nicht neutral.

Wie der Iran zerfallen könnte – Ein Pulverfass mit globaler Sprengkraft

Ein Zerfall des Iran würde nicht nur die Region destabilisieren. Es würde neue Fluchtbewegungen, Grenzkonflikte, Bürgerkriege und vielleicht sogar neue Staaten schaffen. Und es könnte globale Machtverschiebungen auslösen – mit Beteiligung Israels, Chinas, Russlands und der USA. Wie sich der Konflikt entwickelt, bleibt ungewiss. Doch die Voraussetzungen für ein neues „Jugoslawien des Nahen Ostens“ sind vorhanden.

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[via Clever Camel]

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