Meet Farshid

1994 lernten wir Farshid kennen. Sören stellte ihn uns vor, beschrieb ihn als lustigen Lebemenschen aus Syrien, der in einem Studentenwohnheim lebte und zudem etwas an der Tasse können würde. Diese Argumente reichten uns. Ein zwar großnäsiger, dennoch nicht uncharismatischer Südländer, trikfest und mit unzähligen Kontakten zur riemigen hiesigen Studentinnenszene – der Mann passte zu uns. „Farshid, bei uns ist es so üblich, dass neue Cliquen-Mitglieder erstmal eine Einstandsparty geben. Wäre kommender Freitag okay?“. „Na klar!“, lächelte Farshid und prostete uns zu, wobei er seinen Kopf rechts Richtung Schulter bewegte. Diese Gestikulation war mir nicht gänzlich unbekannt, ich sah nur nie jemanden, der seinen Kopf so weit nach unten verrenkte. Ich sag’s Euch, da passte keine Zigarettenschachtel mehr zwischen. Aber egal, er war eh Nichtraucher.

Wir freuten uns auf das Wochenende und hielten das Kennenlernen für die klassische win/win-Situation. Na klar stand er auf Kerstin, unsere Cliquen-Blondine mit allen erdenklichen Attributen, die Männerherzen schmelzen liessen; vor allem Sündländische. Aber was für Möglichkeiten würden sich uns da in diesem Studentenbumms erst auftun! Intern wurde beschlossen, den Ort der kommenden Einstands-Party vorab schonmal zu ergründen.

Unangemeldet fuhren wir am Vormittag im Studentenwohnheim vorbei und nahmen mit Erschrecken Kenntnis von Farshids kleinem Hygiene-Verhängnis: Fußgeruch. Also jetzt nicht so die Abteilung „Wollsocken nach Berlin-Marathon“ – das, was uns da aus dem unteren Ende der Bettdecke nasal entgegenkroch, war schon kein Gestank mehr, das war ein olfaktorisches Verbrechen. Das waren keine Duftwölkchen, das war Bodennebel straight outta hell. Ich stand im Hochsommer mal auf einem Schlachthof, als die Fleischhauer gerade Hausse hatten. Ein Gestank wie 100 Rinderleichen, was an den 100 Rinderleichen gelegen haben könnte. Mütterlicherseits wurde mir glücklicherweise ein resistenter Kuhmagen vererbt und es dauert schon etwas, bis ich erbreche. Aber an diesem Vormittag bei Farshid, da verspürte ich das dringende Bedürfnis im Strahl aus dem Hals zu stuhlen.

Sören riss die Vorhänge zur Seite und das Fenster auf. „Farshid, was hast Du gemacht? Bist du barfuß aus Syrien hierher gekommen und vor der Tür noch in Hundescheisse getreten?“. „Naja, die sind nicht mehr ganz neu.“, antwortete Farshid und zeigte auf ein Paar Cowboystiefel, welche ihm der Antichrist höchstselbst mit ranzigem real-Hackfleisch besohlt haben musste. Dabei legte er seinen Kopf wieder auf die rechte Schulter und wuchtete die zusammengewachsenen Augenbrauen mittig so hoch, als sei er der leibliche Sohn von Colin Farrell und Bert. Oder Andreas Türck. „Also für kommenden Freitag schlage ich Dir einen Pediküre-Termin vor, Farshid. (pull)Und nimm‘ Domestos mit!(/pull)“. Enttäuscht und mit grünen Gesichtern verliessen wir sein Zimmer, als uns im Flur die ersten Mitbewohnerinnen über den Weg liefen. Eine davon sah aus wir Carmen Elektra, nur in schielend. Aber immerhin. „Hey, wir sind Freunde von Farshid. Habt ihr von der Party am Freitag gehört?!“. „Ja klar.“. „Und kommt ihr?“. „Unter einer Bedingung!“. „Die wäre?“. „8×4“. „Für Dich, Carmen, sogar 16×32!“, sagte ich und bewegte dabei meinen Kopf rechts gen Schulter. Dieser Scheiß Adaptionszwang immer.
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[Fortsetzung folgt!]

Kommentare

22 Antworten zu “Meet Farshid”

  1. kay sagt:

    ohhh MC „da verspürte ich das dringende Bedürfnis im Strahl aus dem Hals zu stuhlen“ ich hau mich echt in die ecke.

    Du kannst mich doch vor dem ins Bett gehen nicht so zum lachen bringen.

  2. Roxy sagt:

    *pruuuuuuuuuust* eine schicke redewendung, diese sache mit dem strahl.. morgen werde ich wieder muskelkater vor lachen haben.

  3. Nadine sagt:

    1994 … . Da kam ich gerade in die sechste Klasse.

  4. Lichtmalerin sagt:

    McWinkel, ich bin feddisch: Mein Zwerchfell quietscht vor Muskelkater, ich krieg keine Luft mehr, hab nen Lachschluckauf, whatever. Trösten einen ja glatt ein kleines bisschen über den Wahlausgang, Deine verwegenen Wortkreationen. :D

  5. Johanna sagt:

    Ich hab ja mal 3 Wochen auf einem Schlachthof gearbeitet und nirgends herausgestuhlt (aber ich bin ja auch ein Mädchen, wir machen sowas grundsätzlich nicht). Vielleicht wären Fahrid und ich ein Traumpaar geworden. Südländer stehen ja generell auf mich. Ich nur nicht auf sie. Aber das ist denen ja auch meist egal.

  6. Zwei Tierärztinnen – ein Gedanke. Nein Du, das stinkt da gar nicht so doll im Fall. Aber menschlicher überalter Schweissgeruch ist sowas von übel, dass ich bloss beim Gedanken daran nun mindestens 2 Dosen 16×32 bräuchte.

  7. elbenno sagt:

    very amusing, super geschrieben!! ;-)

  8. Perot sagt:

    Wobei mir nicht ganz klar geworden ist, wer den schlimmeren Geruch produziert hatte: Farshid oder Fahrid… War das sein Bruder? ;-) Bin verwirrt… Letzterer ist doch dieser „Hütchenspieler“ aus „Street Magic“, oder?

  9. Parkster sagt:

    Jaaaa, sehr schön. Eine MC-Story der alten Schule… was hab ich gelacht. Bin schon auf die Fortsetzung gespannt. Die hier kommt schon ganz gut an „Spiegelungen“ ran… wenn auch noch nicht ganz. :)

  10. der.grob sagt:

    Ich finde schielende Frauen ja sehr sexy. Aber Carmen Elektra, ich weiß nicht …

  11. Typkes sagt:

    Andreas Türck, der Herr des Achselschweißes mit nachhaltigem Salzrand.

  12. Jo sagt:

    Ich ahne was geschieht… lass es mich lautmalerisch umschreiben: „Klatsch!“ „Plonk“ „AAARGH, mein Genick!“

  13. FrauvonWelt sagt:

    Sie haben einen Kuhmagen, werter Herr Winkelsen? Jetzt kommen wir der Sache langsam näher.

    Herzlich und ich hab es immer gewusst
    Ihre MetzgerstochtervonWelt

  14. die anke sagt:

    lieber herr winkel, selten so die lachmuskeln so angespannt! eigentlich ist es ja nicht lustig, einfach iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii!!!!!!!!!!!! linguistische hoechstleistung

  15. Solidglobe sagt:

    Super Story! Schreibst du auch noch was zur Wahl?

  16. AnnaGrassi sagt:

    ich bin geneigt, meine tastatur mit erbrochenem zu benetzen. ich muss nicht dabei gewesen sein, um meinem würgereiz ein widerwilliges „go“ zu geben. es reicht, wenn ich es lese. ich fühle, rieche, leide mit. und welch herrliche vergleiche : „…und zeigte auf ein Paar Cowboystiefel, welche ihm der Antichrist höchstselbst mit ranzigem real-Hackfleisch besohlt haben musste. great. rofl :D

  17. Thomas sagt:

    Mir hat mal ein Walfisch in den Schnorchel gepupst… noch Fragen?

  18. MC Winkel sagt:

    @kay: Unter uns: als ich diesen Satz schrieb, musste ich auch erstmal 2 Min. lachen. :) Ich freue mich schon auf die nächste Lesung. :)
    @Roxy: Danke! Und sorry, wg. der Bauchverspannung!
    @Nadine: 6c? War ich auch. Nur ein paar Jahre … äh… später. :)
    @Lichtmalerin: Danke. Und auch wenn’s weh tat – ich höre das gern. Und was gelbschwatt betrifft: geschenkt.
    @Johanna: DU auf einem Schlachthof? Ja als was denn? Du hast die Tiere doch nicht auseinander genommen, oder?
    @ChliiTierChnübler: Ich sag’s ja. Aber auch totes Tierflesich kann übel riechen. Habe den Geruch jetzt noch vor Augen. :)
    @Gürtel: Für’n Montag ganz gut, oder? :)
    @elbenno: Danke!
    @Perot: Das kommt davon, wenn man „names changed to protect the innocent“ und so. Hab’s geändert. :)
    @Parkster: Also ich finde den ersten Teil schon besser als die Spiegelungen! :) Schön, mal wieder was zu hören, Peezey!
    @der.grob: Die könnte auch ruhig 3 Augen haben… :)
    @Typkes: Und der Herr, der sich nach Parties auf Brücken einen kauen lässt. Aber das Schlimmste sind doch die Augenbrauen, oder?
    @Jo: Naja, so die Richtung. :)
    @FrauvonWelt: Naja, „hatte“. Nach dem ganzen Himbeereis nicht mehr so! :)
    @die anke: Dankeschön! :)
    @Solidglobe: Ich habe doch schon was gemalt! :)
    @AnnaGrassi: Danke Dir! :) Und ich sag’s Dir – ein „go“ brauchte es gar nicht. Aber genug damit, jetzt!
    @Thomas: Ja, wie hieß der? :)

  19. Electrolotion sagt:

    Muhahaahahhaaaaaa….. fantastisch. Jetzt noch die Tippfehler korrigieren und ab in den Druck damit! *Klugscheissmodus aus*
    Immer weiter..
    OT: Zu dem blip.fm-link heut Mittag. Großartiger Track, der mich leider immer dieses Schwester S-Genöhle mitsummen lassen muss. Und jetzt kommt der Pelham auch noch ins Kino. Verkehrte Welt.

  20. […] unterbrach mich Sören. Ob Rü noch ein Paar Stahlkappenbotten in 48 raustun würde? ___ [Teil 1 hier] [Fortsetzung folgt!] Keine Meinung?! Sag was oder setz einen […]

  21. […] – nichts für mich. (link) – Für mehr Slowwalking im Land (link) – Meet Farshid (link) – Flucht nach vorn (link) – Sirupfäden […]

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