Jürgen Klopp im DOAC-Podcast: „Ich bin kein ständiger Gewinner, ich bin ein ständiger Versucher“

Jürgen Klopp DOAC

Jürgen Klopp spricht im DOAC Podcast so offen wie selten. Es geht weniger um Taktik oder Tabellen, sondern um Herkunft, Charakter und Führung. Klopp erzählt, wie ihn zwei gegensätzliche Eltern prägten: eine fürsorgliche Mutter, die ihn vorbehaltlos liebte, und ein ehrgeiziger Vater, der Erwartungen hatte. Diese Mischung aus Empathie und Ehrgeiz wurde zum Fundament seines Führungsstils. „Mein Vater wollte, dass ich in allem gut bin. Meine Mutter war einfach glücklich, dass ich da war.“

Er erinnert sich an die frühen Jahre in Glatten, an Wintersportduelle mit dem Vater, an die Angst, mit 20 Vater zu werden, und an das Gefühl, über Nacht erwachsen zu sein. „Die Nacht, in der mein Sohn geboren wurde, war die Nacht, in der ich erwachsen wurde.“ Diese Verantwortung, sagt Jürgen Klopp, habe ihn geformt – Disziplin, Mitgefühl, Durchhaltevermögen.

Jürgen Klopp x DOAC – Der Weg vom Kämpfer zum Coach

Als Spieler war Klopp kein Ausnahmetalent. „Meine Mitspieler waren besser, aber ich konnte alles geben. Von der ersten bis zur letzten Minute.“ Genau diese Mentalität übertrug er später auf seine Teams: 90 Minuten „Heavy Metal“, kein Rückzug, kein Sicherheitsfußball.

Als er 2001 von einem Tag auf den anderen Cheftrainer in Mainz wurde, war der Club sportlich am Boden. Klopp übernahm aus Loyalität – und gewann sofort. „Wir waren wie Maschinen. Niemand wollte mehr gegen uns spielen.“ Der Aufstieg 2004 war nicht Glück, sondern die Belohnung aus Niederlagen. „Ich habe zuerst gelernt zu verlieren – das war entscheidend.“

„Ich bin hier nicht, um alles zu bekommen, sondern um alles zu geben“

Klopp spricht viel über Scheitern – und über Haltung. Die verpassten Meisterschaften mit Dortmund oder Liverpool seien keine Wunden, sondern Lehrstücke. „Ich sehe mich nicht als ständigen Gewinner, sondern als ständigen Versucher.“ Er erklärt, dass Misserfolge Charakter formen, wenn man sie versteht. „Eine Niederlage ist nur dann eine Niederlage, wenn du nichts daraus lernst.“

Diese Einstellung machte ihn zum Anführer, der Menschen formt. „Führung bedeutet, nicht alle gleich zu behandeln. Jeder braucht etwas anderes, um sein Bestes zu geben.“ Klopp erzählt, wie er junge Spieler wie Alexander-Arnold anders führte als Routiniers wie James Milner. Und wie wichtig es ist, Spieler zu verstehen, statt sie zu verurteilen: „Frag ihn, warum er schlecht trainiert. Vielleicht hat er nicht geschlafen, weil zu Hause was passiert ist.“

Manchester United? „Das war nicht mein Projekt“

Einer der überraschendsten Momente: Klopp bestätigt, dass Manchester United ihn 2013 nach Fergusons Rücktritt wollte – doch er lehnte ab. „Sie sagten, wir holen jeden Spieler, den wir wollen. Aber das war nicht mein Projekt.“ Liverpool hingegen überzeugte ihn mit Bodenständigkeit, nicht mit Glamour.

Seine Entscheidung: „Ich will Teil eines Fußballprojekts sein, nicht eines PR-Projekts.“ Als der Anruf aus Liverpool kam, wusste er sofort: Das passt. „Meine Jungs sagten nur: ‚Ja, Papa, mach das!‘“

Liverpool: Fußball als Gemeinschaft

Klopp beschreibt im Podcast (YT), was der „Liverpool Way“ für ihn bedeutet: „Du musst verstehen, dass dieser Club für die Menschen mehr ist als Fußball.“ Seine Spieler sollten fühlen, dass sie Teil von etwas Größerem sind. „Wenn wir in 15 Jahren zurückblicken, sollen wir sagen: Das war das Beste, was wir geben konnten.“

Sein Stil – Pressing, Emotion, Zusammenhalt – machte Liverpool zur Einheit. Siege wie das 4:0 gegen Barcelona oder der Champions-League-Triumph 2019 sind für ihn Ausdruck dieser Verbindung. Doch Klopp betont auch: „Manchmal gewinnst du 1:0. Dann musst du dich genauso freuen.“

Jürgen Klopp x DOAC – Über Arne Slot und das Loslassen

Über seinen Nachfolger Arne Slot spricht Klopp mit Respekt. „Er hat’s perfekt gemacht. Er hat nicht alles geändert – das war super smart.“ Für Klopp zeigt Slots Erfolg, dass wahre Größe im Vertrauen liegt, nicht in Eitelkeit. „Ich wollte, dass er Erfolg hat. Wer anders denkt, hat etwas falsch verstanden.“

Ob er selbst eines Tages zurückkehrt? „Es ist möglich“, sagt Klopp – mit diesem typischen Zwinkern zwischen Ehrlichkeit und Understatement. Aber jetzt brauche er eine Pause. „Man kann nicht sagen: ‚Gebt mir ein Jahr, ich komm wieder.‘ In diesem Geschäft geht das nicht.“

Fazit: Der Mensch, nicht nur der Trainer

Jürgen Klopp bleibt das, was Christian Heidel in der Grußbotschaft nannte: ein echter Mensch, der Städte verändert hat, weil er Herzen berührte. Seine Philosophie passt in einen Satz: „Wenn du nicht glauben kannst, dass du es schaffst – dann glaub mir, ich tue es.“

Er führte Mainz in die Bundesliga, Dortmund zum Double, Liverpool zum Gipfel Europas. Aber vor allem führte er Menschen zu sich selbst.

Jürgen Klopp im DOAC-Podcast: „Ich bin kein ständiger Gewinner, ich bin ein ständiger Versucher“

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