Jan Marsalek: Vom Drahtzieher der Wirecard-Pleite zum Spion in Moskau

Jan Marsalek Moskau

Jan Marsalek, früher Top-Manager bei Wirecard und heute einer der meistgesuchten Männer Europas, ist offenbar tiefer in russische Geheimdienstaktivitäten verstrickt als bislang bekannt. Neue Recherchen stützen die These, dass er nicht nur lebt, sondern arbeitet – und zwar in Moskau. Chats, Überwachungskameras, Telefon­daten und weitere Quellen lassen ein klares Bild entstehen: Marsalek führt ein Doppel­leben, das ihn vom Finanz­betrüger zum Agenten gemacht hat.

Jan Marsalek x Moskau – Neue Identität, neue Pässe, neue Spuren

Ein zentraler Befund: Marsalek nutzt inzwischen neue Identitäten und Pässe, die nicht nur geschönt oder verfälscht sind, sondern offenbar offiziell ausgestellt wurden. In bisherigen Recherchen etwa wurde nachgewiesen, dass er sich unter dem Namen Konstantin Bayasow eines russischen Priesters bediente – mit einem echten Pass­dokument, in dem sein Bild steckt, nicht das des Priesters.

Aus Quellen geht hervor, dass er mehrere Identitäten benutzt und über die Jahre verschiedene Staats­ausweise, unter anderem österreichische und diplomatische Pässe, sowie gefälschte Dokumente verwendet hat.

Wo befindet er sich – und was macht er?

Obwohl Marsalek seit 2020 offiziell untergetaucht ist, deuten neue Erkenntnisse stark darauf hin, dass er sich dauerhaft in Moskau aufhält. Mehrere Datenquellen, darunter Telefon­daten und Bewegungs­profile, deuten auf regelmäßig wiederkehrende Aufenthalte bei russischen Geheimdienstzentralen hin. In der Spiegel-Recherche heißt es, dass sein Handy sich häufig in der Nähe der FSB-Zentrale in Moskau einloggt.

Zudem zeigen Auswertungen, dass Marsalek offenbar einen geregelten Tagesablauf verfolgt: Anzugtragen tagsüber, Termine oder Aufenthalte an speziellen Orten, abends häufig unterwegs, Gegenwart in Hotels im Luxussegment. Auch chirurgische Eingriffe, etwa Haartransplantationen, sind dokumentiert – wahrscheinlich, um sein Aussehen zu verändern.

Spionageverbindungen und gefährliche Aufträge

Die Vorwürfe sind schwerwiegend: Marsalek soll ein Agentennetzwerk geführt haben, das im Auftrag russischer Geheimdienste gegen Oppositionelle, Journalisten und Regimegegner in Europa aktiv war. Insbesondere britische Ermittlungen haben ergeben, dass ein Spionagering, dessen Hintermann Marsalek sein soll, unter anderem den Investigativjournalisten Christo Grozev und andere aus dem Umfeld russischer Kritik beobachtete.

Dabei sollen laut Anklage auch Entführungs- oder gar Mordpläne Teil der Gespräche gewesen sein. Ein Gericht in London verurteilte drei Mitglieder dieses Netzwerks wegen Spionage und Verbindungen zu Marsalek.

Warum deutscher Strafverfolgung Marsalek entkommt

Mehrere Faktoren erklären bis heute, warum Marsalek nicht gefasst wurde:

  • Pässe und Identitäten: Die Nutzung gefälschter oder mehrfacher Identitäten erschwert Fahndungen und Grenzkontrollen.
  • Internationale Grenzen der Ermittlungsbefugnis: Datenquellen, Standortinformationen, Telefonnutzungen – viele Aspekte sind nur schwer grenzüberschreitend oder rechtlich mit beschränkten Mitteln nachzuverfolgen.
  • Schutz durch russische Institutionen: Indizien deuten darauf hin, dass Marsalek nicht nur inoffizielle Hilfe erhält, sondern dass staatliche Behörden in Russland in seine neue Existenz eingebunden sind.

Fazit: Mehr als ein Schattenmann

Die neuen Recherchen zeichnen das Bild eines Mannes, der sich nicht versteckt, sondern inszeniert – geleitet von ideellen Motiven, realpolitischen Interessen und offenbar in engem Dienst des russischen Geheimdiensts. Jan Marsalek ist längst kein reiner Ex-Manager, sondern wird zunehmend als aktiver Akteur gesehen, der geheimdienstliche Operationen steuert und Auftraggebern mehr liefert als Täuschung und Verschleierung.

Für Deutschland und Europa bedeutet dies: Die Gefahr, dass Marsalek weiterhin Einfluss nimmt – durch Spionage, Einschüchterung oder verdeckte Operationen – ist nicht abstrakt, sondern sehr real. Die Ermittlungsbehörden stehen vor der Herausforderung, mit begrenzten Mitteln einen stark geschützten Akteur zur Rechenschaft zu ziehen.

Jan Marsalek: Vom Drahtzieher der Wirecard-Pleite zum Spion in Moskau


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[via SpOn, Titelbild = Screenshot aus dem Video]

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