Prince ist nicht tot (Nachruf)
Prince ist nicht tot, Alter. Und Jeder, der sowas gerade sagt, hat da glaub’ ich was falsch verstanden.
Das, was für die Generation vor mir der Beatles vs. Stones-Beef war, war für meine Generation, also den Kindern der 80er Jahre, der Michael Jackson vs. Prince-Beef. Ich war immer Fan von beiden, beide sind wichtige Inspiratoren, verantwortlich für meine musikalische Sozialisierung. Vielleicht erinnert sich hier noch einer an “Formel Eins”, das war so eine ARD-Musiksendung, die ab 1983 von Peter Illmann moderiert wurde. Es gab seinerzeit nur 3 Fernsehsender und bei uns in Norddeutschland noch 2 dänische Kanäle und irgendwie Ostfernsehen, was man aber nicht besonders gut reinbekam. Und so gab es für uns nur diese eine Stunde MTV, immer am Samstagnachmittag, auf die ich mich als lütter Mucke-Fan natürlich die ganze Woche freute.
Ich weiß noch, wie ich das erste Mal ein Video von Prince sah. Es handelte sich um “Little Red Corvette” und ich konnte als kleiner Junge nicht ganz nachvollziehen, wieso dieser Mann so komisch gekleidet und irgendwie auch geschminkt war und teilweise so hoch sang. Mein Vater sagte, dass dieser Typ verrückt sei, meine Mutter stimmte zu und ergänzte, dass er aber gute Musik machen würde. Sie lag damit gar nicht mal so daneben, wie sich noch rausstellen sollte.
Ich hatte mir gerade meine erste Schallplatte gekauft, “Thriller”, von Michael Jackson. Jackson war insgesamt etwas Eltern-kompatibler, er trug zwar auch Glitzerkleidung und der Moonwalk war zuhause auch eher so mittel nachzuvollziehen, aber er war er immerhin straight, so wie alle seine Brüder bei den Jackson 5. Man muss dazu sagen: in den 80ern war es gesellschaftlich noch einigermaßen wichtig, dass Kinder möglichst unschwul erzogen wurden. “Schwul” galt auf dem Schulhof als sehr übles Schimpfwort und Niemand durfte oder wollte schwul sein. So gesehen hat man sich auch eher schwer damit getan, offen zuzugeben, dass man die Musik von geschminkten, feminin angezogenen Männern mochte. Ich mochte Prince, ich liebte Marvin Gaye, aber ich konnte nicht überall dazu stehen, so straight ich auch war. Die beiden ja witzigerweise auch. Und selbst wenn. Zum Glück ist das heute anders, Mann.
Was ich sagen wollte: ich war vornehmlich MJ-Fan, ich hörte “Thriller” im Kinderzimmer und tanzte all das nach, was ich bei Formel Eins von Jackson zu sehen bekam. Ich nahm alles mit unserem Video2000-Rekorder auf, was ich nur in die Finger bekommen konnte. Und dann kam Purple Rain. Die Platte. Und der Film. “When Doves Cry”, Alter, allein das Intro. Apollonia Kotero, Mann. Zuständig für meine sexuelle Sozialisierung, btw. Ich hatte ein Poster von ihr über meinem Bett hängen, go ask my mother. “Purple Rain”, der Song, das Gitarrensolo, episch. “Let’s Go Crazy”, “I Would Die 4 U”, “Baby I’m A Star”, was ist denn los?! Hört Euch diese Platte heute mal an. Klingt unmodern? Auf keinsten, Mann. Die Scheiße kannst (und solltest) Du heute noch in jedem Club spielen und die Leute rasten aus, Prince geht immer. Prince ist Funk, Soul, Pop, Rock, Gitarre, Bass, Snare, … Alleinstrumentederwelt, Prince ist Herz, Seele, Wut, Zorn, Macht, Sex, Prince ist alle Männer – und das mit nur 1 Meter 58. Prince ist übermenschlich, als Musiker, als Künstler, als Erfinder.
MJ und Prince mögen rein biologisch vielleicht inzwischen tot sein. Ihre Mucke wird aber alles überleben und in meinem und in den Herzen von Millionen von Menschen weiterleben und weil wir jedem erzählen werden, wie wundervoll die Musik ist und was für eine einzigartige Kunst sie erschaffen haben, werden sie für immer leben. Prince ist nicht tot, er ist larger than life und deshalb bin ich auch gar nicht mehr traurig sondern feier’, als wär’s 1999. Bitch.
Alter, das hast Du so geil auf den Punkt gebracht! Diese Koryphäen haben Spuren hinterlassen, eingraviert in die Zeit – unverwüstlich, unsterblich, zeitlos. Und wenn mir jemand erzählt, MJ oder Prince sei tot: dem glaub ich kein Wort! ;-)