Deutschland – Deine Bürger. Heute: Die primäre Patzigkeit

Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll, aber ich muss mir mal wieder Luft machen. Neben so vielen, typisch deutschen Charaktereigenschaften gibt es Eine, die ich in den letzten zwei Wochen wieder vermehrt zur Kenntnis genommen habe, womit ab sofort aber Schluss ist: die primäre Patzigkeit, aka „immer gleich meckern“. Ich verstehe nicht, wie Menschen auf die Idee kommen, Ziele durch die Eröffnung eines lautstarken Disputs schneller, bzw. überhaupt zu erreichen. Warum kann man nicht erstmal freundlich nachfragen, wenn etwas stört? Warum nicht erstmal in Ruhe nachhaken? Immer dieses deutsche Herumgekeife, bei jeder Kleinigkeit. Kein Wunder, dass das damals unter Hitl[hier das Godwin’sche Gesetz einfügen].

Dazu 2 kleine Beispiele: ich stehe mit meinem Wagen vor einer Schranke, stelle diese jedoch nicht zu. Ich parke nicht, ich warte. Zwar stehend, neben dem Wagen, aber immerhin bei laufendem Motor. Ein Freund kommt, ich überreiche ihm etwas (nein, keine Drogen – es war Gürtel und ich brachte ihm ein paar Muster-Klamotten), als die Heilpraktikerin kreischend auf uns zugelaufen kommt, „SOFORT WEG HIER! Ich sag‘ ihnen das, ich lasse sie hier abschleppen! Die Patienten beschweren sich schon, ich guck‘ mir das hier nicht mehr länger an!“. Warum dieser Ton? Eine freundliche Anfrage und ich wäre sofort gefahren (hatte ich ja ohnehin vor). Sicherheitshalber sagte ich nichts, Gürtel will da glaub‘ ich noch wohnen bleiben.

Heute der Klassiker an der Kasse: Typ, 60 Jahre, steht mit Einkaufswagen 2m von der Kasse entfernt und tippt irgendwas in sein Handy. Ich husche eilig an ihm vorbei und fange an, meine Waren auf das Band zu flanken. „SO! SIE LASSEN MICH JETZT SOFORT VOR! Das ist ja wohl eine Frechheit, sieht doch Jeder, dass ich hier angestanden habe!“. Erst die Heilpraktikerin, jetzt er hier? Nix da. „Wenn Sie mich freundlich gefragt hätten, dann gerne. Aber so: NEIN! Jetzt bin ich dran!“. Er hörte nicht auf zu meckern und als er meine Familie, respektive die Erziehung ins Spiel brachte, musste ich sogar auf 10 cm an ihn herantreten und ihm erklären, dass es im Falle von weiterer Nicht-Mundhalterei zu größerem Ärger kommen könnte, was ich als Schirmherr des Pazifismus natürlich äußerst ungern tat.

Kurz: doofes Herumpöbeln bringt nichts außer kognitiven Dissonanzen (nicht wundern, ich lernte das mal in einer Softskills-Schulung). Ein kurzes „Entschuldigung, würden sie vielleicht […]“ wirkt Wunder. Isso.
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Kommentare

27 Antworten zu “Deutschland – Deine Bürger. Heute: Die primäre Patzigkeit”

  1. maik sagt:

    Weil keiner mehr Respekt gegenüber anderen hat? Nein, dass wäre zu einfach.

    Viele sind unzufrieden – mit sich, mit Ihrer Umwelt, mit Ihrer allgemeinen Lebenssituation. Diese Unzufriedenheit läßt man an anderen aus, dass ist der einfachste Weg.

    Solange es nur bei Worten bleibt, habe ich damit kein Problem. „Böse“ wird es aber, wenn Worte nicht mehr ausreichen, um das eigene Ventil zu öffnen…

  2. Loverk89 sagt:

    Kenn ich :-) aber manchmal hat man einen echt bescheidenen Tag und da reicht eine Kleinigkeit und man regt sich tierisch über irgendwas auf.

    Aber an der Kasse, hätt ich mich auch vor ihm hingestellt, denn ich finde Leute die die Kasse aufhalten echt nervig besonders wenn nur eine offen ist.

  3. Judy sagt:

    Ich hoffe, die Gürtel wohnen noch lange da.

    Das mit der Kasse kenne ich. In der Tat ein Klassiker. ich ignoriere die mittlerweile dann nur noch oder tue so, als würde ich kein Deutsch verstehen. Das zieht irgendwie immer…

  4. Arno Nym sagt:

    Wenn der 60-Jährige Dich beim Parken getroffen hätte, hätte er wegen des laufenden Motors gemeckert. Zu Recht?

  5. Batz sagt:

    Erinnert mich an eine ähnliche Situation in der mich ein mittelalter Mann meinte belehren zu müssen, das es meine Verpflichtung sei ein Trennhölzchen auf das Kassenband zu legen. Der gab in der Tat keine Ruhe und maulte die ganze Zeit weiter rum, gleichwohl ich ihm zu verstehen gab, dass ich nicht die Absicht hätte mit ihm eine Konversation betreffs der allgemeinen Hölzchenpflicht an Kassen einzutreten. Sein dümmstes Argument war dann ein „Sehen Sie!“ als durch das anruckende Band eine meiner Warenpackungen über das inzwischen vom ihm angelegte Hölzchen fiel. Wahrscheinlich wäre die Androhung einer mechanischen Diskussion hier auch sinnvoll gewesen, ich hab ihn aber einfach ignoriert bin gegangen.

  6. FrauvonWelt sagt:

    Sie, werter Herr Winkelsen, könnten sich aber auch endlich mal so benehmen, dass keiner mehr Grund hätte zu meckern. Gehen Sie mal einer geordneten Arbeit nach, dann müssen Sie auch nicht am helligten Tage irgendwelchen dubiosen Typen irgendwelche dubiosen Klamotten über Schranken reichen. Also bitte. Und wieso gehen Sie einkaufen, wenn 60jährige einkaufen gehen? Das können nur Arbeitslose und Müßiggänger und Hausfrauen. Würden Sie arbeiten, müssten Sie abends um acht einkaufen. Da sind die Rentner am Stammtisch. Sehen Sie, Herr Winkelsen, es gibt für alles eine Lösung: Werden Sie Bankkaufmann. Und die Welt wird freundlicher.

    Herzlich und los jetzt, keine Widerrede
    Ihre FrauvonWelt

  7. Mocca sagt:

    Ja, das ist scheiße. Teilweise ist es regelrecht zum Kotzen, wie die Deutschen (oder Menschen allgemein) miteinander umgehen.
    Ich kann dir aber sagen, wieso: Sie haben schlichtweg Schiss, mit ihrem Anspruch nicht ernstgenommen oder gar angepöbelt zu werden, wenn sie sich nicht sofort als (möchtegern-) starke Person in dem Konflikt zeigen.
    Es ist wie immer: Gewalt erzeugt Gegengewalt. Und die Leute, die einmal (ungerechtfertigt?) niedergemacht wurden, denken automatisch, dass auch sie sich nur mit einem groben Ton durchsetzen können.

  8. Perot sagt:

    Wie jetzt? Ich dachte, solche Muffelschnuten gibt es nur im Bergischen Land (meine Heimat, ich weiß, wovon ich rede). Folgendes Szenario ist hier in den spießigsten Wohngebieten an der Tagesordnung: „Sie dürfen hier nit jejen de Fahrtrichtung parken!“ – „Entschuldigung der Herr, inwiefern behindert sie das?“ – „Dat is verboten – ech zeich dich an, doh!“

  9. Lyric sagt:

    @Judy: Der war gut! ;-) #Gürtel

  10. Torsten sagt:

    Ach, ich könnte ein Lied darüber singen…

  11. Haha! Schon mal Deutsche getroffen, die in ferne Laender reisen, wo alles soooo anders ist als in Deutschland oder einfach nicht anders genug?
    Da wird man angemacht, weil man es wagt im Flugzeug die Sitzlehne nach hinten zu verlagen und es dem Deutschen hinter mir nicht passt – war ja auch nur ein 13 Stunden Flug. Ich rege mich auch gern auf – in den letzten Monaten ausschliesslich ueber Deutsche, die sich nur beschweren. (zu kalt, zu heiss, zu dreckig, nicht technologisiert, zu viele Touristen, zu schneller Wetterumschwung) – Ich koennte ein Blog draus machen.

  12. FelixN sagt:

    Gürtel wohnt da wo es Patienten gibt?

  13. Max sagt:

    Naja, aber wenn man so einen grossen Wert auf Höflichkeit legt, hätte man den Herr ja mal fragen können, ob er anstehe oder nicht.

  14. Gürtel sagt:

    Ja, schlimm. Krieg ich auch Blitzherpes. Mußte mich bei der Ollen auch zusammenreißen damals

    @Felixn: Ja, was meinst Du denn, wie schlimm so eine Albumproduktion ist. Jeden Tag Unmengen an Alkohol, damit Du irgendwie diese einsamen Nächte im Studio durchstehst… das machste nich länger als ein halbes Jahr ohne Medis mit. Da gehste kaputt. Und bitte für welchen Preis?? (Ging eigentlich, nachher aufs billige Tip-Bier umgestiegen)

  15. Tanja sagt:

    Leute, Leute. Wenn andere schlecht drauf sind, hat das doch gar nichts mit euch zu tun. Ich pflege dann immer zu mir selbst zu sagen „Ich bin gut drauf und die schlechte Laune des/der anderen hat nichts mit mir zu tun.“ Das wirkt Wunder und es funktioniert. Man zieht sich oft viel zu schnell den Schuh an und nimmt die bad vibes von anderen auf. Wenn man es merkt, einfach „STOP“ sagen und schon der schlecht gelaunte Kelch an einem vorbei. Cheerio.

  16. Toby sagt:

    Das is ja brutal. Hier kommentieren manche um 3:57 Uhr. Respekt. Da bin ich im Land der Träume. Aber ansonsten ist meine Devise, Menschen reagieren in der Regel so wie man selbst auf sie zugeht. Damit bin ich bisher gut gefahren. Selbst wenn mal ne patzige erste Reaktion kam, kann man durch gezielte Höflichkeit dem gegenüber schnell den Wind aus den Segeln nehmen.
    Das Einzige, das ich nicht akzeptiere, ist während dem Einkaufswagenschieben stehen zu bleiben (abrupt) und am Besten noch anfangen rückwärts zu gehen. Wem ich dann in die Hacken fahre, dem geschieht es nicht anders und der wird keine Entschuldigung von mir hören :)

  17. Babel sagt:

    und genau deswegen… will ich hier weg! ;)

  18. MHW sagt:

    Joaah, mir gelingt es auch nicht immer über die Unentspanntheit anderer Leute zu lachen. Dies ist aber nicht unbedingt ein deutsches Problem, sondern es tritt weltweit auf.

  19. FrauvonWelt sagt:

    Kaum habe ich hier mal drei Tage nicht kommentiert, schon lande ich in der Moderationsschleife. Ich protestiere. Holen Sie mich mal da raus, Herr Winkelsen, aber zackig.

    Herzlich patzig
    Ihre FrauvonWelt

  20. Maria sagt:

    Ja das ist wohl eine typisch deutsche „Eigen-/“Un“art die auch über die Grenzen hinaus bekannt ist. Nicht gerade schön. Aber wenn ich ehrlich bin, neige ich auch eher dazu mich erstmal aufzuregen anstatt etwas in vernünftigen Ton zu sagen. Obwohl man damit meistens weiter kommt. Nur daran denkt man erst immer hinterher.

  21. MC Winkel sagt:

    @maik: Weiß nicht. Der Ton macht die Musik. Was ist so schwierig daran, einfach mal freundlich zu sein?
    @Loverk89: Naja, waren 3 offen. Aber alle mit sehr langen Schlangen versehen. Die halt nicht… :)
    @Judy: :)) … dafür sehe ich leider zu deutsch aus. :)
    @Arno Nym: Nein. Es war sehr kalt draußen. :)
    @Batz: Auch eine Möglichkeit. Aber ich habe immer das Gefühl, einen pädagogischen Ansatz mit einbringen zu müssen. Der wird so schnell nicht wieder grundlos rummeckern. :)
    @FrauvonWelt: Aber ich gehe doch einer geordneten Arbeit nach. Die Ordnung heisst „dann, wann’s am besten passt“. Deshalb ist diese Sache mit den Öffnungszeiten im Einzelhandel auch eine riesengroße Sauerei. Rund um die Uhr auf, sage ich! JETZT!
    @Mocca: Was aber bedeuten würde, dass die Leute alle dumm sind. Und damit gebe ich mich nicht zufrieden. Dann helfe ich lieber, so wie oben beschrieben. :)
    @Perot: Nene, die gibt es hierzulande überall. Ich wurde schon 2x parkend in der falschen Fahrtrichtung aufgeschrieben. Kein Shice!
    @Lyric: Und ich versteh den immer noch nicht! :)
    @Torsten: Mach mal! :)

  22. MC Winkel sagt:

    @Lenny_und_Karl: Ja, habe ich. Das ist wohl das, was Delay als „katoffelig“ bezeichnet. Und er hat (wie so oft) recht. Equador, wie man so hört? :)
    @FelixN: Sagen wir so: er IST dort Patient. :)
    @Max: Hätte hätte Damentoilette. :)
    @Gürtel: :)) Aber sind ja bald durch. Und auf der Tour wird bestimmt weniger getrunken. (ich habe Angst)
    @Tanja: Sicher? Muss ich mal probieren. Aber erst nach dem Zurückmeckern. :)
    @Toby: Worldwide, Homie! :) @Babel: … von whudat oder aus Deutschland?! :)
    @MHW: Dann muss es sich aber um deutsche Auswanderer handeln! :)
    @FrauvonWelt: Weiß auch nicht, warum. Ist jetzt aber wieder alles gut!
    @Maria: Na dann: ab heute ist Schluss damit!

  23. Erdge Schoss sagt:

    Was heißt denn hier „doofes Herumpöbeln“, werter Herr Winkelsen?

    Die Herrschaften hatten absolut recht. Sie können von Glück sagen, dass das solche Weicheier waren, die nicht mal mit dem Rohrstock durchziehen können. Haben Sie überhaupt gedient?

    Herzlich
    Ihr Erdge Schoss
    (Oberstgeneralmajor a.D.)

  24. Andyy2k3 sagt:

    Bei den Aktionen wär ich gern dabei gewesen… So kennt man den MC ja gar nicht :D

  25. der_Radler sagt:

    Wie lange standen Sie da so? Haben Sie denn schon einmal darüber nachgedacht, wie es bei einer Heilpraktikerin und ihren Kunden ankommt, wenn Sie neben ihrem Wagen bei laufendem Motor stehen, mehr als unnötig oder?

    Die Frau war einfach fassungslos, dass jemand so etwas tut.
    Pure Kommunikation, Sie beschweren sich als Empfänger, waren aber zuvor eindeutig der Sender.
    Wenn es allerdings nicht um den laufenden Motor ging sondern nur um das „Parken“, war sie tatsächlich einfach nur patzig. :-)

    PS Ich rege mich auch immer schnell auf. ;-)

  26. norrin sagt:

    Super auch, daß die Lieblings-Reiseländer der Deutschen Italien und Spanien sind. Motto: „Die Südländer, die haben leben so entspannt, da kann man mal so richtig abschlaffen“

    Und kaum zurück wird wieder der verbiesterte Preusse rausgeholt. Schon in der Einflugschneisse vom Flughafen, wenn sie alle gucken, wie sie es hinkriegen, als Erste draussen zu sein.

  27. HecPac sagt:

    Ich finde ja diese Schlange von meckernden Deutschen, die sich mehr Freundlichkeit herausbitten, an die ich mich gerade anstelle, allerliebst.
    Und um nicht als Gandhi dazustehen: mir pumpen Leute an der Kasse den Blutdruck in den 200er Bereich mit Versuchen, das Gittermuster ihres Einkaufswagen auf meine Backen zu stempeln. Vielleicht sogar dadurch, dass dort dann kein Blut mehr ist.

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