Casino Hawaii

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Vor etwas mehr als zehn Jahren war Freibier noch etwas Besonderes. Veranstaltungen mit Speis&Trank-Flatrate waren rar gesät, weshalb sowas dann auch entsprechend zelebriert wurde. So kam es, dass Jochen und ich nach solch einem Ereignis in Küstennähe noch das lokale Spielcasino aufsuchten und obwohl wir mehr im Kragen hatten als Callmunds Oberhemd bat man uns freundlich herein. Dass einer Redewendung nach das Glück mit den Doofen ist, wurde an diesem Abend erneut bewiesen und vermutlich war es ebenfalls von Vorteil, dass Jochen kaum noch geradeaus gucken konnte – so versechsfachte er innerhalb kürzester Zeit seine 50 Mark beim Roulette und weil man ja aufhören soll, wenn’s am Schönsten ist, beschlossen wir dem Abend ein Ende zu setzen. Vorerst.

Denn kaum vor der Tür schweifte schwoff schwiff Jochens Blick einmal diagonal ins Rotlicht-Viertel. „Komm Winkelsen, Puff noch!“, seine mir mit offenem Mund vorgetragene Bitte. Dass Jochen hier noch nicht allzu oft zugegen war, wusst ich. Auch, dass er verheiratet, drei oder vier Stunden über seiner zuhause verkündeten Zeit und ein bißchen naiv war, was seine Eigenwahrnehmung in Zuständen fernab der 2 %o-Grenze betraf. „Das willst Du nicht wirklich, Jochen. Gelinde ausgedrückt kommen einige der Konkubinen aus den Etablissements direkt von den Bäumen. Die nehmen Dich da aus wie Kieferothopäden Weisheitszähne, ich würd‘ zu so Einer jetzt nicht mehr gehen!“. „Eine, du Idiot? Ich will Zwei, Mann! Wennschonndennschonn!“, antwortete er mir mit dem Atem Juhnkes. Juhnke heute. Und mit Idiot meinte er mich, was ich ihm nicht übel nehmen wollte, jegliche Hilfestellung ab sofort aber verweigern würde. „Abersukommsmit, Winkelsen. Ich hab‘ hier 300 Mark, da gehnowas! Ich leg‘ hier noch schnell’ne Pizza hin, dannkönnwir!“, sagte er und erbrach sich vor der Tiefgarage. Ich wusste gar nicht mehr, dass es Ananas gab. Ach doch, die Käsesticks am Buffet. Hawaii.

Im Puff selbst wie immer ein äußerst befremdlicher 8×4 meets Fugenschwitz-Odeur und dass wir die Happy-Hour gerade verpasst haben mussten, erkannte ich an den beiden MauMau-spielenden Hausfrauen in schwarzen Latex-Maleranzügen. Zumindest Eine, die Andere hatte am Vormittag noch Kautschukfieber. „Winkelsen, hier binnich richtich!“, flüsterte Jochen, torkelte vor das Bett und sagte irgendwas auf Kirundi, was nicht stimmt aber so klang. „Was ist mit dem Typen denn?!“, blickte mich die 42jährige und somit Jüngere der beiden an. „Er hat ’ne Sieben bekommen!“. „Was?“. „Naja, jetzt muss er Zwei aufnehmen!“. Die Ältere lachte, primitiv und nikotinös, schien aber verstanden zu haben, „Ach hier, wegen MauMau, nä!“. Ich blinzelte und ging, Jochen würde schon klarkommen.

Nicht ganz, wie sich am Montag um 8.00h herausstellte, im Büro klingelte mein Telefon. „Ich. Weiss. Nix. Mehr! Winkelsen, ich bin im Gebüsch vor meiner Haustür aufgewacht, um 6Uhr morgens. Mein Geld und meine Karten – alles weg!“. Ich schlug vor, in der Mittagspause zur Bank zu gehen. „Wir gucken mal, Jochen. Bleib ruhig, mehr als 300 DM Lehrgeld werden’s schon nicht gewesen sein!“. Waren es aber, wie uns die Sparkassen-Kundenberaterin mitteilte. „Sie waren doch am Sonntag in der Früh noch am Geldautomaten. Zwei Mal, beim ersten Mal haben sie 200 und beim zweiten Mal 300 DM abgehoben! Mit PIN, sorry, da können wir nichts machen!“. Jochen erblasste, als stünde der Allmächtige persönlich vor ihm und es kommt justamente heraus, dass dieser Jemand Roland Kaiser ist. „Was ist denn los, Jochen. 800 Piepen, davon geht doch Welt nicht unter!“. Dann hörte ich sein letztes Wort an diesem Tage: „Gemeinschaftskonsto.“. Verdammt. Da konnte auch Roland Kaiser nicht mehr viel machen.

Kommentare

17 Antworten zu “Casino Hawaii”

  1. Perot sagt:

    War das vor Deiner Begegnung mit Pam oder danach? ;-)

    Deinem Kumpel war wohl der „Hörnichaufmann“ in die Hose gekrochen, wa?! :-p

    Mal wieder ’ne kurzweilige Geschichte zur Nacht – that’s Y I like whudat. :-)

  2. MadStan sagt:

    Da tun sich Abgründe auf, da wird es einem himmelangst! Und dazu kommt noch, dass kein Teil 2 für die Auflösung geplant ist? Wie gings weiter? Konnte Jochen ein Lügengerüst aufbauen, dass den Fragen seiner Frau standhalten konnte oder hat er klassisch einfach die Wahrheit verdreht, wie z.B. „… der Emser hat mich da reingezogen!“ Haben die beiden immer noch ein Gemeinschaftskonto?

    Den Spruch mit der Sieben und zwei aufnehmen werde ich mir merken :) Danke!

  3. Mona sagt:

    Und ich frage mich warum mein Schatz sich beim Thema Gemeinschaftskonto so anstellt… Der Penner! Dem werde ich heute aber was erzählen! ;)

  4. Flo sagt:

    Na die Frau wird sicherlich auch Geld für genug Zeug ausgegeben haben oder immer noch ausgeben…da darf man sich als Mann doch auch mal gönnen!

  5. ichnicht sagt:

    „Ich leg’ hier noch schnell’ne Pizza hin, dannkönnwir!” – hahahaha :-)
    Und wie geht die Geschichte weiter? Mit seiner Frau?

  6. Gilli Vanilli sagt:

    siehste ick sags ja
    niemals gemeinschaftskonto!!!!

  7. singhiozzo sagt:

    Ich bin echt froh, dass ich bei den einzigen beiden Abenden, die im Puff endeten, immer der Fahrer war. Das rettete mich vor durch diagonalen Blick verzerrte Wirklichkeit, hatte aber den Vorteil, dass ich am nächsten Tag immer allen erklären konnte, wie hässlich die Schabracken waren, an denen die rumgepult haben (einmal war’s eine ChinesIN, die bis vor einem halben Jahr noch ein ChinesE gewesen sein soll – munkelt man).

  8. Erdge Schoss sagt:

    Können Sie, werter Herr Winkelsen, überhaupt Maumau?

    Herzlich
    Ihr Erdge Schoss

  9. 500beine sagt:

    Das Gemeinschaftskonto, an sich unverzeihlich, geht dann in Ordnung, wenn dir der gewitzte kleine Bankberater eine unscheinbare, kühl gekachelte Nische einrichtet, in der Puff-Abbuchungen, Bundesliga-Dauer-Abos, Schutzgeldzahlungen etc vorgenommen werden. Gut. Hätte im Fall „Jochen“ jetzt auch nix genützt, ich weiss. Nischenresistente Situation am Geldautomat.

  10. honki sagt:

    Super Story. Aber ich glaub mit Suffgeschichten kann man eh nicht viel falsch machen :)

  11. singhiozzo sagt:

    Kann es sein, dass dein „Twitter/Twitpic“ Plugin oben rechts auf der Seite kaputt ist? Bekomme seit ner Woche oder so „Super Bilder, toller Sound: „The Beat Of New York“ [HD-Movie] http://bit.ly/bxpxr9“ angezeigt!

  12. burnster sagt:

    du lebst ja auf großem fuß, wenn freibier heute nichts mehr besonderes ist, homeboy;)

    (ich habe aber auch bis zum schluss gelesen, keine sorge)

  13. Dilan sagt:

    Beim laut loslachen wurde ich gerade sehr veraergert angeguckt ;-)

    Gruesse aus der libary einer universitaet

  14. olek11 sagt:

    Sag mal MC, liest der „Jochen“ mit?
    Ich würde dann gerne mal sein Gesicht sehen.
    Bei der Karriere….

    Viele Grüße

    Olek11

  15. MC Winkel sagt:

    @Perot: Danach! Viel, viel später. Pam war ja quasi allererste P-Erfahrung! :)
    @MadStan: Wie, Fortsetzung? Nene, man soll ja immer aufhören, wenn’s am Schönsten ist! :)
    @Mona: Huuuuch!!! :)
    @Flo: Eigentlich schon. Nur doof, wenn man a) am nächsten Tag nichts neghr davon weiß und b) dafür auch noch viel zu viel ausgibt! :)
    @ichnicht: Naja, irgendwie hatte er noch ein Sparkonto, mit dem er sein Girokonto wieder auffüllen und alles als Fehlbuchung Der Bank erklären konnte. Der Saque!
    @Gilli Vanilli: Fjehn!
    @singhiozzo: Also das mit den Thai-Boys (jetzt Girls) scheint ein typisch deutsches Problem zu sein. Gibt’s hier nämluch auch. :) Und Danke für Deinen zweiten Comment, der hat mich heute zwei Stunden Zeit gekostet! :) (Ernsthaft – Fehlereruierung und Behebung, bei der Gelegenheit feststellen, dass man ja auch mal die anderen Plugins updaten könnte … aber jetzt läuft’s wieder!)
    @Erdge Schoss: Nur mit nem Skat-Blatt, Herr Schoss. Wieso?
    @500beine: :)) Aber für sowas sollte man eine Nachmodifizierungsklausel im Gemeinschaftskontenvertrag haben! :)
    @honki: Und mit Hawaii ja eigentlich auch nicht, oder?! :)
    @burnster: … naja nun, 1-2 Auftritte im Monat, Du weisst ja, was backstage immer los ist, nä?! :)
    @Dilan: Sorry, aber Danke! :))
    @olek11: Wenn, dann ganz sicher nur privat, von zuhause aus! :)) LG ins Office! (Lass mal bald wieder telefonieren – was gibt’s Neues?!)

  16. […] Seine Arbeiten sind derzeit in der Plus One Gallery in London zu sehen. so ähnlich müsste das outfit des abends ausgesehen haben! mc winkel Man ist schon begnadet, wenn man so eine intensive Stimme für die Musik und zum zweiten […]

  17. Sumit sagt:

    Ach komm… willste mir echt erzählen das du dich am nächsten morgen in DEINEM Bett befunden hast?

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