Die Realität ist nicht physisch: Dr. Bernardo Kastrups revolutionäre Sichtweise
Dr. Bernardo Kastrup, Philosoph und Computeringenieur, fordert die klassische Vorstellung heraus, dass die physische Welt unabhängig von uns existiert. Stattdessen schlägt er vor, dass alles, was wir wahrnehmen – von der Solidität eines Glases bis zur Farbe eines Apfels – in unserem Bewusstsein entsteht. Seine Philosophie des analytischen Idealismus besagt, dass die Realität nicht aus unabhängiger Materie besteht. Sondern aus mentalen Prozessen, die sich in Form von Materie manifestieren. Was wir als physische Welt betrachten, ist lediglich die Art und Weise, wie Bewusstsein aussieht, wenn es von außen beobachtet wird. Die Realität ist nicht physisch: Dr. Bernardo Kastrups revolutionäre Sichtweise.
Kastrup argumentiert, dass unsere Sinne wie ein Armaturenbrett in einem Flugzeug funktionieren: Sie liefern uns Daten, aber diese Daten sind bereits gefiltert und strukturiert. Die Farben, Geräusche und Texturen, die wir wahrnehmen, sind keine direkten Abbilder der Welt, sondern Repräsentationen, die unser Bewusstsein erzeugt. Ohne Beobachter – ohne ein „Armaturenbrett“ – gibt es keine Materie, sondern nur das, was Kastrup „Mind at Large“ nennt: ein universelles Bewusstsein, das die Grundlage aller Existenz bildet.
Das Armaturenbrett der Wahrnehmung
Um diesen Gedanken greifbarer zu machen, verwendet Bernardo Kastrup (wiki) die Metapher eines Flugzeug-Cockpits. Die Instrumente im Cockpit zeigen Daten über die Umgebung an – Temperatur, Druck, Geschwindigkeit. Doch diese Anzeigen sind nicht die Realität selbst, sondern nur eine Interpretation davon. Genauso verhält es sich mit unserer Wahrnehmung: Was wir als Materie erleben, ist eine Darstellung mentaler Prozesse. Ohne einen Beobachter, der diese Daten „liest“, gibt es keine Materie, sondern nur das zugrunde liegende Bewusstsein, das sich in verschiedenen Formen ausdrückt.
Diese Idee hat weitreichende Konsequenzen. Wenn Materie nur eine Erscheinung ist, dann ist das, was wir als physische Welt betrachten, nicht die Quelle, sondern eine Repräsentation. Der menschliche Geist ist kein Produkt des Gehirns, sondern das Gehirn ist die Art und Weise, wie mentale Aktivität aussieht, wenn sie von außen betrachtet wird. Ein Gehirnscan zeigt Neuronen und elektrische Aktivität, aber für die Person selbst sind diese Prozesse Gedanken, Gefühle und Erinnerungen.
Die Realität ist nicht physisch – Die Illusion der Trennung
Ein zentraler Aspekt von Kastrups Modell ist die Idee der Dissoziation. Er schlägt vor, dass es nur ein universelles Bewusstsein gibt, das sich in scheinbar getrennte Einheiten aufteilt – wie wir Menschen, Tiere oder sogar Objekte. Diese Trennung ist jedoch nicht absolut, sondern eine Art Illusion, die durch Dissoziation entsteht. Ähnlich wie bei einer dissoziativen Identitätsstörung, bei der ein Geist mehrere Persönlichkeiten entwickelt, sind wir alle „Alters“ eines einzigen Bewusstseins.
Diese Sichtweise erklärt Phänomene wie Telepathie oder außersinnliche Wahrnehmungen. Wenn die Trennung zwischen Individuen nicht absolut ist, könnten unter besonderen Umständen – wie starken Emotionen oder Krisen – Informationen zwischen diesen „Alters“ fließen. Kastrup betont, dass solche Phänomene nicht übernatürlich sind, sondern natürliche Folgen einer nicht perfekten Dissoziation.
Freier Wille und die Unvorhersehbarkeit des Universums
Was bedeutet dies für den freien Willen? Kastrup argumentiert, dass unsere Entscheidungen durch das bestimmt sind, was wir sind – unsere Erinnerungen, Erfahrungen und inneren Strukturen. Dennoch sind diese Entscheidungen bedeutungsvoll, da sie Ausdruck des Bewusstseins sind, das sich selbst entdeckt. Interessanterweise sagt Kastrup, dass selbst das universelle Bewusstsein nicht vorhersagen kann, welche Entscheidungen getroffen werden. Das Universum ist „rechnerisch irreduzibel“, was bedeutet, dass die einzige Möglichkeit, die Zukunft zu kennen, darin besteht, sie sich entfalten zu lassen.
Panentheismus und die göttliche Natur der Realität
Kastrups Modell führt zu einer panentheistischen Sichtweise: Alles, was wir wahrnehmen, ist Teil eines größeren, göttlichen Bewusstseins, aber dieses Bewusstsein überschreitet das, was wir wahrnehmen können. Unsere Sinne sind begrenzt, wie die eines Bakteriums, das nur chemische Signale in seiner unmittelbaren Umgebung wahrnimmt. Es gibt Aspekte der Realität, die jenseits unserer Wahrnehmung liegen, aber dennoch existieren. Dieses „Mehr“ ist das, was Kastrup als transzendent bezeichnet – nicht übernatürlich, sondern einfach außerhalb unseres Wahrnehmungsrahmens.
Fazit: Eine neue Sicht auf die Realität
Kastrups analytischer Idealismus fordert uns heraus, die Welt nicht als getrennte physische Entität zu sehen, sondern als Ausdruck eines universellen Bewusstseins. Materie ist keine eigenständige Substanz, sondern die Erscheinung von Geist/Spirit. Diese Sichtweise löst die Trennung zwischen Innen und Außen auf und zeigt, dass wir nicht isolierte Beobachter sind, sondern Teil eines größeren Ganzen. Indem wir dies erkennen, können wir beginnen, die Welt – und uns selbst – mit neuen Augen zu sehen.