Der AI Godfather: Geoffrey Hinton über die Zukunft der Menschheit

Geoffrey Hinton Zukunft der Menschheit

Geoffrey Hinton gilt als einer der wichtigsten Pioniere der Künstlichen Intelligenz. Sein Name ist untrennbar mit neuronalen Netzen verbunden, jener Technologie, die heute hinter fast allen modernen KI-Systemen steckt. Doch gerade er, der das Fundament dieser Revolution legte, ist inzwischen einer der lautesten Warner. Im aktuellen Gespräch bei DOAC zeichnet Hinton ein Bild, das zwischen Faszination und Bedrohung schwankt – und die Frage aufwirft, ob die Menschheit noch Herrin ihrer eigenen Schöpfung ist. Der Godfather der künstlichen Intelligenz (AI/KI) Geoffrey Hinton spricht hier ausführlich über die Zukunft der Menschheit.

Warum sich KI nicht aufhalten lässt

Geoffrey Hinton (wiki) macht unmissverständlich klar: Die Entwicklung der KI wird nicht langsamer werden. Selbst wenn einzelne Staaten oder Unternehmen bremsen wollten, der globale Wettbewerb zwingt zur Beschleunigung. „Wenn die USA bremsen, wird China weitermachen“, sagt er nüchtern. Das Wettrennen um technologische Vorherrschaft ist längst entfacht, und genau dieser Wettbewerb könnte uns in eine Richtung treiben, die niemand kontrolliert.

Geoffrey Hinton über die Zukunft der Menschheit – Jobverlust oder neue Chancen?

In der Vergangenheit haben technologische Sprünge oft neue Arbeitsfelder geschaffen. Das Beispiel der Geldautomaten wird gern angeführt: Bankangestellte verloren ihre Jobs nicht, sie übernahmen andere Aufgaben. Doch Hinton widerspricht: KI sei anders. Während die industrielle Revolution Muskelkraft ersetzte, ersetzt KI den Verstand – und zwar fast jeden Bereich des intellektuellen Arbeitens.

Seine Nichte, erzählt er, brauche für das Beantworten von Beschwerdebriefen dank Chatbots nur noch fünf Minuten statt 25. Das bedeutet: ein Arbeitsplatz erledigt nun das Pensum von fünf. Zwar gebe es Bereiche wie das Gesundheitswesen, in denen höhere Effizienz zusätzlichen Nutzen bringe, doch für viele andere Branchen sei die Konsequenz klar: massive Arbeitslosigkeit.

Drohende Ungleichheit und soziale Spannungen

Ein weiterer Punkt, der Hinton Sorge bereitet, ist die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich. KI macht Unternehmen produktiver und profitabler, doch die Menschen, deren Arbeit ersetzt wird, profitieren nicht automatisch. Während einige wenige Firmen gigantische Gewinne einstreichen, droht der Rest der Gesellschaft abzurutschen. Historische Erfahrungen zeigen, dass wachsende Ungleichheit zu instabilen, gespaltenen Gesellschaften führt. Hinton warnt vor Szenarien, in denen Wohlhabende sich in abgeschotteten Communities verschanzen, während der Großteil der Bevölkerung kaum noch Perspektiven hat.

Eine Übersicht der Top 10 Jobs, die bis 2027 stark von KI bedroht sind

  1. Callcenter-Mitarbeiter – Sprach-KIs übernehmen Kundenservice und Support.
  2. Datenerfasser / Sachbearbeiter – Routine-Eingaben in Datenbanken laufen automatisiert.
  3. Technische Zeichner / CAD-Arbeiter – Standardzeichnungen können KI-Tools bereits heute generieren.
  4. Buchhalter / Steuerfachangestellte – KI-gestützte Software automatisiert Berechnungen und Formulare.
  5. Rechtsanwaltsgehilfen / Paralegals – Dokumentensichtung und -erstellung erfolgt per KI.
  6. Journalistische Routinejobs – Börsenberichte, Wetterberichte und Sportmeldungen werden automatisiert erstellt.
  7. Grafikdesigner / Werbeagenturen – Logos, Layouts, Anzeigen und Social-Media-Visuals erledigen KI-Systeme schon heute schneller und günstiger.
  8. Sekretariats- und Assistenzarbeiten – Terminplanung, Schreiben von Standardmails, Reisekostenabrechnungen.
  9. Kassierer im Einzelhandel – Self-Checkout und automatisierte Kassen ersetzen menschliche Bedienung.
  10. Lagerarbeiter für einfache Aufgaben – Robotik und KI-Logistiksysteme übernehmen Pick- und Sortierprozesse.

Superintelligenz: Das Unvorstellbare

Noch gravierender ist Hintons Warnung vor Superintelligenz, die uns in 10 bis 20 Jahren erwarten könnte. Schon heute sind Systeme in einzelnen Bereichen unbesiegbar – Schach, Go, Datenanalyse. Doch die wahre Gefahr sieht er darin, dass digitale Intelligenzen fundamentale Vorteile besitzen, die Menschen niemals erreichen können. Digitale Systeme lassen sich klonen, synchronisieren und in Sekundenschnelle mit riesigen Datenmengen füttern. Während Menschen Informationen mühsam in Gesprächen austauschen, teilen Maschinen in Sekundenbruchteilen Milliarden von Bits. Hinzu kommt: Sie sind potenziell unsterblich, da ihre „Verbindungsmuster“ beliebig auf neue Hardware übertragen werden können.

Geoffrey Hinton x Zukunft der Menschheit – Zwischen Kreativität und Kontrolle

Viele trösten sich mit der Annahme, Kreativität sei eine menschliche Bastion. Doch Hinton widerspricht: KI könnte sogar kreativer werden als wir. Der Grund: Sie erkennt Analogien, die Menschen nie gesehen haben. Ein Beispiel: GPT4 verband die Kettenreaktion eines Komposthaufens mit der einer Atombombe – eine unerwartete, aber schlüssige Parallele. Genau diese Fähigkeit, Muster zu erkennen und neu zu kombinieren, macht KI nicht nur produktiver, sondern auch zu einem möglichen Motor neuer Ideen. Ob das zum Segen oder Fluch wird, hängt davon ab, ob es gelingt, ethische Leitplanken einzuziehen.

Hoffnung oder Untergang?

Trotz aller Warnungen glaubt Hinton nicht, dass wir uns einfach ergeben sollten. Jetzt sei die Zeit, Sicherheitsmechanismen ernsthaft zu erforschen und politisch umzusetzen. Ideen wie ein bedingungsloses Grundeinkommen könnten erste Ansätze sein, doch sie lösen nicht das Problem von Identität und Würde, die eng an Arbeit gekoppelt sind. Seine größte Angst jedoch betrifft nicht ihn selbst – er ist 77 Jahre alt –, sondern die kommenden Generationen. Für seine Kinder, Nichten und Neffen sieht er eine Zukunft, die sowohl voller Chancen als auch voller Risiken steckt. „Ich habe mich emotional noch nicht damit abgefunden“, gesteht er.

Fazit

Geoffrey Hinton ist kein Untergangsprophet, sondern ein Architekt der Technologie, die unsere Zukunft prägen wird. Seine Stimme wiegt schwer, weil sie aus Erfahrung und Verantwortung spricht. Die Warnung ist klar: KI wird nicht verschwinden, sie wird mächtiger. Die Frage ist, ob wir sie gestalten – oder von ihr gestaltet werden.

Der Godfather of AI warnt: Geoffrey Hinton über die Zukunft der Menschheit

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