Ein Jahr Marbella/Andalusien – Ein Zwischenresümee

Montagskolumne Ein Jahr Marbella Zwischenresuemee BB

Danke der Rückfrage, mir geht es soweit ganz gut. Auch wenn ich in Summe jetzt vielleicht gerade einmal ein halbes Jahr in Marbella/Andalusien wohne, das erste Kalenderjahr ist um und von der Entscheidung inklusive Anzahlung über den Kauf und den Einzug und dem Einrichten des Apartments ist jetzt auch ein Jahr vergangen und ich denke, es wird mal wieder Zeit für ein kleines Zwischenresümee.

An dieser Stelle hätte ich zunächst von den negativen Dingen sprechen, die so ein (Halb-)Auswanderungsprojekt so mit sich bringt, allein: es gibt nichts! Bis auf das todesentspannte Gemüt der Spanier, welches es einem hektischen Norddeutschen mit Hang zur Ungeduld & Jähzorn nicht sofort einfach macht, sich hier einzuleben. Aber das ist ja nichts Neues, was man über den Siesta/Mañana-Staat nördlich von Afrika sagen könnte. Für mich war von Anfang an zwar klar, dass es einiges an Zeit, Überwindung & Nerven kosten würde, sich hier mental zu akklimatisieren; bei tagsüber selten unter 20° ist das aber nun auch eher ein peinliches Luxusproblem, muss ich halt mehr chillen, gibt glaub’ ich Schlimmeres. Trotzdem zwei Beispiele: Im August hat ein Monteur versehentlich ein 5mm großes Loch in die Emaille des Waschbeckens gewuchtet, ihm ist sein Werkzeug da reingefallen. Die Schuldfrage war sofort geklärt, man würde das dann regeln. Inzwischen sind 5 Monate vergangen, in denen allein in dieser Angelegenheit 6-8x Jemand hier war, eine Lösung ist immer noch nicht gefunden. Man versucht weiter, es zu reparieren, eventuell bekomme ich aber auch einen neuen Waschtisch. In Deutschland hätte man die Akte noch im selben Monat mit einer unkomplizierten Lösung für alle schließen können. In Deutschland sind gerade aber auch minus 20 Grad und Blitzeis, so gesehen: man nimmt in Kauf.

Oder die Schranke vorne bei der Security. Die Elektronik war zuletzt wochenlang kaputt, die etwas gemütlicheren Pförtner ließen die Schranke also die gesamte Zeit offen, die ambitionierteren Pförtner hingegen öffneten sie jedes Mal händisch. Bei 169 Eigentümern (von denen sich aber maximal ein Drittel gleichzeitig in der Anlage befindet) ist das schon eine Herausforderung. Ich hab bestimmt 4 oder 5x nachgefragt, Ihr ahnt es: Mañana. Mañana Mañana. Auch hier: in Deutschland wäre die Schranke nach 2, spätestens 3 Tagen repariert gewesen. Ich habe in meiner Ausbildungszeit selbst einmal kleine Schrankenanlagen verkauft, wenn damit etwas war, konnte jeder Elektriker sofort handeln. In Deutschland ist es aber auch gerade um vier schon dunkel, die Heizungsluft macht trockene Haut und die Hoden ziehen sich aufgrund der Kälte in die Leisten zurück, so gesehen: man nimmt in Kauf.

Als ich hier hergekommen bin, waren noch 12 der 169 Apartments frei. Mitte des letzten Jahres waren es noch 9 und jetzt sind es gerade mal noch 4, allerdings Keines davon von Meerblick (told y’allz!). Meine Nachbarn kommen hauptsächlich aus UK (bin gespannt, wie die das jetzt nach dem Brexit regeln; als Nicht-EU’ler dürfen die dann sicherlich immer wieder Visa beantragen, haha), aus den skandinavischen Ländern (sehr viele Finnen sind ebenfalls vor Dunkelheit & Depressionen geflohen), aus Russland (stalkende Milfs und kontinuierliches Na sdorówje, selbstverständlich) und sonstige Ländern, aus Deutschland kommen nur drei weitere Eigentümer. Und was man mit 169 Nachbarn in so einer Anlage Monat für Monat reißen kann – das ist schon nicht verkehrt. Jeder zahlt je nach Größe des Anwesens so um die 200€ Hausgeld im Monat, dafür haben wir aber auch einen 24h Security-Wachschutz, hin und wieder mit defekter Schranke. Es sind täglich Gärtner auf der Anlage und es gibt zwei Hausmeister, die auch wirklich rund um die Uhr beschäftigt sind, im Sommer haben wir sogar einen Poolboy. Und sollte einmal eine etwas größere Renovierung anstehen (einige Fassaden könnten mal wieder gemacht werden) bekommt man mit so vielen Eigentümern auch schnell eine größere Summe zusammen. In Deutschland zahle ich als Eigentümer fast 60% mehr Hausgeld und wenn ich einmal den Hausmeister sehen möchte, damit der sich mal den Badewannen-Abfluss anschaut, dann verweist die Hausverwaltung auf die Hausordnung und fordert mich auf, kostenpflichtig einen Klempner zu bestellen. Vielen Dank von dieser Stelle aus nochmal, aber ich kann das ja teilweise auch verstehen. Wird sicherlich mit dem Blitzeis, der Hautsprödheit und den Wanderhoden zu tun haben.
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[Fortsetzung folgt.]

Kommentare

Eine Antwort zu “Ein Jahr Marbella/Andalusien – Ein Zwischenresümee”

  1. Olaf Koch sagt:

    Yes, this is the real Winkelsen! :-)

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